Interview mit Hans Wermelinger, 07.04.2020

Siehe auch: Piazzetta Zürich

Hans Wermelinger organisierte die Piazzeta Zürch und arbeitet heute als Programmierer in Biel.

Interviewer: Dann wollen wir loslegen. Also ich habe mir nicht alle Aufnahmen von der Piazza in Zürich angeguckt. Wir haben, ich weiß nicht, ob ich es erwähnt habe, wir haben wirklich fast vollständige Mitschnitte von allen Sendungen, von allen hundert Tagen, sowohl 3Sat als auch diese Olympus Programme, das ist unheimlich viel Holz, also über Mangel an Material können wir uns wirklich nicht beklagen. Andererseits ist halt viel auch so tote Zeit, wo halt hallo, hallo und eher müßige Gespräche, oder Nichtgespräche stattfinden und deswegen sind so Piazzettas von besonderem Interesse und vor allen Dingen halt auch solche, wo man merkt, da stand doch ein bisschen ein Konzept dahinter. Also manche haben sich vor das Gerät gesetzt und telefoniert und Fragen gestellt. Aber bei der Piazza in Zürich hatte ich das Gefühl, dass das längerfristig vorbereitet worden ist und darüber würde ich gerne als Erstes gerne ein bisschen mehr wissen. Also einmal, diese F+F Schule gibt es ja immer noch, was warst du da damals, was war deine Verbindung und wie ist dann diese Gruppe zusammengekommen, die die Piazza in Zürich gemacht hat?

Hans Wermelinger: Genau. Also so alle Details weiß ich nicht mehr, das ist schon lange her. Aber es ist eigentlich so gewesen, wir hatten zwei, drei Dozenten bei uns an der F+F, die den Markt kannten.

Interviewer: Entschuldigung, es war gerade, als du angefangen hast zu sprechen, ist plötzlich das Bild eingefroren, du müsstest leider noch mal von vorne anfangen. Aber jetzt geht wieder alles. Ich glaube, ich bin da einfach nur ans WLAN-Kabel gekommen.

Hans Wermelinger: Wir können auch jederzeit wiederholen oder später auch mal wieder eine Aufnahme machen. Also das ist so, ich war damals Student an der F+F. Ich habe angefangen 1987, ich wohnte zuerst in Lissabon, wo ich die deutsche Matura absolviert habe, weil mein Vater ist Schweizer. Ich kam nach Zürich, um mein Biologie-Studium zu machen, aber habe meine Arbeiten damals gezeigt an der F+F und die haben mich angenommen, das war sehr gut. Und dort gab es zwei Dozenten, ich vermute, das sind die zwei, den Mike Hentz kannten. Der eine war der Gerhard Lischka, ich war sein Assistent sozusagen. Natürlich, er hatte sehr enge Kontakte zu Peter Weibel, der war häufig bei uns. Die F+F war so aufgebaut, dass man Unterricht hatte, diverse Module und dann gab es immer pro Jahr, pro Semester drei, vier Gastdozenten. Zum Beispiel kam die Valie Export, der Boris Nieslony, der Jean Baudrillard war bei uns, weil der Gerhard Lischka, der kannte sie einfach alle. Der war einfach sehr gut vernetzt. Und das war etwas sehr Spannendes. Auf der anderen Seite hatten wir ein Dozent, der hieß Hermann Bomat. Und Hermann Bomat, wenn ich mich recht erinnere, das war ein Schüler von Joseph Beuys. Oder mindestens kam aus Düsseldorf. Und bei ihm hatten wir so Videoinstallationen. Und sie kannten natürlich die Gruppe Minus Delta t. Da war Mike Hentz und andre und das war sehr interessant. Und ich kann mich erinnern, bevor das mit der Piazza virtuale losging, war ich zwei-, dreimal in Hamburg, wo man so, wie soll ich sagen, man hat sich so für zwei, drei Tage abgeschlossen an der Uni in Hamburg. Und dann hat man experimentiert.

Interviewer: Also nicht an der Uni, an der HFBK wird das gewesen sein.

Hans Wermelinger: Genau, genau. Und ich war zweimal, dreimal dort, ich war auch sehr häufig natürlich in Linz an den Ersten, wie heißt das, Ars Electronica war ich sehr häufig dort. Und das war ein Thema, was mich eigentlich recht gut viel interessiert hat, neue Medien. Ich von Natur aus, also von Hause aus, muss ich sagen, wir haben angefangen mit zwölf Jahren an zu programmieren, so die ersten Maschinen, Sinclair und so weiter. Spektrum Sinclair und so weiter. Jetzt ist es, ich kann mich erinnern, irgendwann kam der Mike Hentz zu uns und sagte, sie hatten gedacht, eine Piazza virtuale für Zürich zu machen, aber es wurde nicht…

Interviewer: Ich muss es kurz unterbrechen, und zwar, um zwei konkrete Nachfragen zu stellen. Also einmal das Studium, das du aufgenommen hattest an dieser F+F Schule, das war freie Kunst, ja?

Hans Wermelinger: Das war freie Kunst, Schwerpunkt habe ich Performance und Medien gemacht.

Interviewer: Genau und dann diese Tour nach Hamburg, diese Seminare, oder diese Workshops. Da gibt es diesen Begriff von diesem University TV und das steht ja auch bei der Piazza virtuale immer irgendwo, also in Zürich immer auf den Bekanntgaben drauf. Und da gibt es, ich kenne diese offiziellen Verlautbarungen. und mir kam das so ein bisschen vor, wie so eine Rekrutierungsmaßnahme genau für Leute wie dich, die ja da einschlägig interessiert waren und die man für solche Projekte interessieren sollte. Ist das richtig der Eindruck?

Hans Wermelinger: Ja, also es wurde schon denke ich, also ich kenne die Details nicht, aber ich vermute, es wurde schon zwei, drei Jahre vorher langsam vorbereitet. Das war nicht eine Idee, die auf einen Tag entstanden ist. Es hat sich…

Interviewer: Also ehrlich gesagt, Piazza virtuale ist in einem halben Jahr entstanden, den Vertrag bei ZDF haben die im Februar unterschrieben, aber die hatten ja vorher schon Hotel Pompino und hatten immer versucht, so einen Kreis von Leuten griffbereit zu haben, wenn es wieder so ein Projekt gibt. Und ich glaube, das war so ein bisschen dieser, ich weiß nicht, wie diese konkreten Veranstaltungen waren, das würde mich halt so ein bisschen interessieren, ob das wirklich so wirkte, als ob man da Leute auf irgendwas einschwören wollte, oder ob man wirklich das Gefühl hatte, da sollte Wissen vermittelt werden, ohne jetzt direkt Zweckbindung.

Hans Wermelinger: Ja ich denke es war viel unkomplizierter, weil wir mehr so, wir veranstalten mal etwas, wir machen mal so ein Camp für zwei, drei Tage, nächstes Wochenende, komm doch mal vorbei, so in dem Stil. Und vielleicht wird das heute ein Hackathon oder so etwas. Heute würde so eine Weiterentwicklung sein. Damals war es unkomplizierter und dort hat man sich getroffen. Und ich glaube, ich war zwei, drei Mal kann ich mich erinnern, so.

Interviewer: Aber schon mit dem Schwerpunkt Fernsehen und solche Fernsehaktivitäten, weil du Hackathon sagst, wurde dann auch programmiert?

Hans Wermelinger: Ja, es wurde auch ein bisschen, manche haben dort programmiert, da waren zwei, drei. Aber es war mehr mit Fernsehen. Also wir hatten diese Videophones. Mit denen hatten wir ein bisschen geübt und so. Und es ging mehr um die Frage, welche Botschaft schaffe ich von A nach zu B zu vermitteln und dass sie präsent ist. Eigentlich ist diese ganz große Sachen zwischen kalten Medien und warmen Medien, dass man versucht so langsam das Medium zu erobern. Und das finde ich auch sehr schön in einem Video, das ich heute gesehen habe, ich komme dann später dazu, wo eine Frau sagt, ja beweg deinen Fuß. Tu deinen Fuß hoch, weil das war so zum Sehen, wird die Schlaufe geschlossen, kann ich wirken auf den anderen. Also das waren so ganz spacig Anfragen, oder diese Hellos, das war dieses Echo, das wir heute in der Informatik heute ein Ping. Oder man macht, man sendet ein Ping Signal, zu sehen, ob der andere da ist, das ist das hallo eigentlich. Und es stimmt schon, was ihr sagt, dass dort im Ansatz vieles probiert wurde, was auch später, eine sage ich mal, eine bessere Form gefunden hat. Aber ich komme zurück, wie hat sich das entwickelt. Irgendwann kam der Mike Hentz zu uns und dann sagt der, ja der hier in Zürich, der hätte versucht eine Gruppe, eine Projektgruppe zu starten und das funktioniert nicht. Ich habe jetzt in den Unterlagen, die ihr mir geschickt habt gesehen, das ist anscheinend diese Gruppe, dieses Gothik. Ich wusste nicht mehr, wie die heißen, er kam einfach zu uns an die F+F und sagte, ja sie haben es probiert und es geht nicht. Und ich kann mich erinnern, ich habe damals dann mit meiner Freundin, die auch in der Kunstschule war geredet und irgendwann habe ich gesagt, so vermute ich zwei, drei Tage später, komm wir müssen jetzt etwas machen. Weil das ist total spannend und dann habe ich die Leute von der F+F zusammen getrommelt, ich glaube ich hatte schon abgeschlossen, ich war kurz und das war schon gerade der Moment, wo ich fertig war mit dem Studium und dann habe ich alle die Leute zusammen getrommelt und gesagt, kommt wir treffen uns dann und dann, wer hätte Interesse mitzumachen. Und dort habe ich einen Fehler gemacht, durch das ganze Projekt, irgendjemand hat mich gefragt, warum machst du das. Und ich dachte, ja Herrgott, du machst das, weil du willst natürlich das Medium so und dann habe ich dummerweise gesagt, vielleicht wollte ich später einen Job bei der Werbung haben. Also Zürich ist natürlich sehr marktrelevant. Also ich wollte diese Medien erproben. Und dann wurde mir immer vorgeworfen, dass ich das mache, damit ich nachher einen Job in einer Werbeagentur in Zürich bekomme. Aber gut, aber weiter ging es auch nicht in dem Sinne. Das Problem war dann so…

Interviewer: Entschuldigung ich muss mal wieder kurz einhaken. Also das heißt, das war wirklich eine von Studenten, namentlich von dir selbst, organisierte Sache, die du gerade erwähnt hast, und die anderen, die habe ich jetzt vergessen, die haben da eigentlich nichts mit zu tun gehabt. Sieht man die irgendwann mal, sind die mal vorbeigekommen?

Hans Wermelinger: Nein, ich wusste gar nicht mehr wie die heißen, nein die sind nie gekommen. Jetzt ist es so, dass natürlich…

Interviewer: Entschuldigung noch mal, um die Fakten zu klären, weil nach den Unterlagen, deswegen ist gut auch, dass wir jetzt sprechen, nach den Unterlagen hätte ich jetzt angenommen, dass dieses Gothik, ihr hattet ja auch schon so einen eigenen Ort, wenn ich mich richtig erinnere. Dass da halt irgendwas nicht funktioniert hat und dass sie da einfach an einen anderen Ort gegangen sind. Nein, also das waren völlig unabhängige Gruppen, ja?

Hans Wermelinger: Genau, aber ich habe sie nie kennengelernt. Ich habe nur vom Mike gehört, er hätte dort eine Gruppe und das hat nicht funktioniert. Und das war schon immer so in meinem Leben, in solchen Situationen gehe ich dann nach vorne und sag hallo, ich mache mit (lacht). Das hat sich mehrmals in meinem Leben wiederholt, so ähnliche Dinge und das war immer sehr spannend. Jetzt ist es so, es gibt zu Piazza virtuale gibt es vermutliche zwei interessante Dinge zu sagen. Die eine sind die organisatorischen Probleme, die sind wirklich lustig. Und dann auch die inhaltlichen, was haben wir versucht inhaltlich beizutragen. Ich würde vielleicht nur zwei organisatorische Episoden erzählen. Es ist einfach so. Ich habe dann gesagt, Leute wir könnten etwas machen. Und dann gab es zum Beispiel eine Frau bei uns, die wollte unbedingt, dass wir ein Verein werden, typische schweizerisch. Wir müssen uns als Verein organisieren. Die hat mitgemacht, aber die hat die ganze Zeit nur gebraucht, um ihren Verein sozusagen zu organisieren. Nach dreißig Tagen waren die Dinger fertig, das Projekt, ich glaube wir haben das recht schnell umgesetzt und gemacht. Also ich glaube der kam zwei Monate vorher, also es ging ziemlich schnell die ganze Sache. Und nachher hat sie den Verein gegründet, aber da war schon die ganze Sache vorbei. Dann gab es, wir hatten wirklich Glück, weil wir hatten echt keinen blassen Schimmer von worum es hier geht. Und dann hat einer gekannt einen Techniker, einen Ingenieur, einen Telefontechniker gekannt, der uns helfen konnte. Weil damals gab es keine ISDN-Anschlüsse in der Schweiz. Praktisch keiner, wir hatten, glaube ich die ISDN-Anschluss Nummer zehn. Das war, es gibt ein Foto, ich habe den in meinem Lager, ich müsste den irgendwann mal durchforsten. Ich habe da noch etwas Material, Fotomaterial. Und da sieht man wie eine, kommt das bei uns installieren und dieser ISDN-Anschluss, da sieht man die ganzen Kabel werden einzeln gemacht, es gab noch keinen Stecker sozusagen. Da werden die einzelnen Adern, werden dort angeschlossen. Wir hatten sehr Glück mit diesem Techniker. Alle haben ihn sehr geschätzt und seine Freundin auch. Aber die haben sich immer ein bisschen gegen mich gestellt und am Ende sind sie weggerannt und haben die, ich muss sagen sie waren drogenabhängig. Und die waren sehr nett, aber am Ende haben sie die ganze Geldkasse geklaut und sind auf nimmer wiedersehen verschwunden (lacht). Ich hatte dann, es war nicht viel Geld, aber damals für mich war das schon viel Geld, ich musste privat dann glaube ich dreieinhalb tausend Franken zahlen an offenen Rechnungen und so weiter. So.

Interviewer: Das kann im Vorspann oder auch in der Korrespondenz außen rum, werden ja diverse Sponsoren erwähnt von Firmen, Commodore und so, die wahrscheinlich Sachspenden gegeben haben, aber auch das schweizerische, wie heißt es gleich wieder, nicht Kultusministerium, aber auch so eine relativ…

Hans Wermelinger: Wir hatten glaube ich, wenn ich mich recht erinnere, ich müsste nachschauen, praktisch kein Geld. Manchmal haben wir fünfhundert Franken bekommen oder so. Das sind nicht die Gelder, die man denkt, das man heute bekommt.

Interviewer: Mir geht es jetzt weniger darum, um die konkreten Beträge, sondern eher darum, wie ist das… Man ist was in der Schweiz, wenn man von solchen Institutionen Geld bekommt, bei der Eröffnung ist ja auch so eine Schauspielerin dabei, also war das schon hoch gehängt, oder war das letztlich eine Studentenaktivität?

Hans Wermelinger: Es war durch und durch eine Studentenaktivität. Wir haben probiert, also zum Beispiel, ich habe in deinen Unterlagen gelesen, dass man dort die Pro Helvetia versucht hat, wegen einer Möglichkeit, Mike Hentz, es gibt diesen Protokoll anscheinend, bevor wir gestartet sind. Wir hatten nie Kontakt mit der Pro Helvetia. Wir hatten eigentlich nie Zeit auch. Das ging so schnell und das ist, was der Mike Hentz sagt, jeder war mit dem, was er machen musste, so beschäftigt, dass niemand fähig war das ganze wirklich wahrzunehmen. Vermutlich von diesen hundertfünfzig Leuten, haben nur zwei, drei Leute, die tagtäglich am Monitor waren, das gesamte wahrgenommen.

Interviewer: An den Zuschauer.

Hans Wermelinger: Um die Zuschauer. Nachher ist die Sache dann schnell, also wir hatten nur dreißig Tage, oder weniger, zwanzig Tage gesendet, weil wir hatten in unserem Studio in einem Künstlerraum eingerichtet, das war ein Haus. Und unten gab es einen Ausstellungsraum und dort haben wir uns eingerichtet. Aber nachher wollten sie uns auch wieder weghaben. Weil wir haben da natürlich viel Platz genommen und so.

Interviewer: Aber das wollte ich auch noch fragen, diese Hohlstraße das war ein Künstleratelier, das sich Künstler geteilt haben, oder war das eine Institution, oder wie habe ich mir das vorzustellen?

Hans Wermelinger: Genau, Hohlstraße war ein Haus mit mehreren Etagen und das wurde später von den Künstlern selber gekauft. Da war zum Beispiel Thomas Imbach, das ist ein berühmter Filmregisseur aus der Schweiz. Ich vergesse natürlich viele Namen, aber es waren einige Künstler, die dann später auch in der Schweiz bekannt wurden. Und sie hatten sich dort gemietet in diesem Haus, das waren ungefähr vier Etagen und dann haben wir unten, da gab es so einen öffentlichen Raum, dann haben wir dort das Studio installiert.

Interviewer: Aber das war eher so eine Goodwill-Aktion, ihr habt dafür keine Miete bezahlt?

Hans Wermelinger: Genau.

Interviewer: Sie haben es euch gelassen sozusagen.

Hans Wermelinger: Genau. Ich muss natürlich sagen, das Ganze war sehr interessant, aber nachher, ich hatte die Freundin verloren (lacht). Das war wirklich, das Ganze hat die Nerven von vielen Leuten gekostet. Noch eine interessante Geschichte. Ich hatte mit den Leuten von Van Gogh TV abgemacht, dass sie uns dann ein Videotelefon schicken rechtzeitig. Und dann war es ungefähr, sage ich mal eine Woche vor dem Going Public Termin, also unserem. Und dann habe ich zwei Kollegen geschickt, das war der Daniel Hertli und der, wie hieß der, der erscheint auch mal im Video sein Titel, ich habe jetzt vergessen. Und schick die mit dem Auto nach Kasel, um dieses Videotelefon zu bekommen. Und dann gehen die Jungs rauf und damals gab es noch kein Natel und so und zwei Tage später kommen sie runter von Kassel, und kommen zurück und ich sage, hey Jungs, wie gehts, wo ist jetzt das Videotelefon und dann sagen sie, ja die haben uns keins gegeben. Und dann sage ich ja hallo, was keins gegeben und warum habt ihr mich nicht angerufen. Und dann ist es so, dass ich mit dem Stefan Maier, das ist das erste Video, das wir gemacht haben, der mit dem gelben Anzug in einer Nacht-und-Nebel-Aktion, fahren wir auf Kassel und dann gehe ich auf die Jungs los und sag, hey was soll der Scheiß, wo ist jetzt unser Videotelefon (lacht). Und dann war es kein Problem, aber irgendwie, vielleicht haben sie angeeckt mit meinen Leuten und die haben nicht zurückgerufen, die kamen einfach zurück ohne Videotelefon. Es war ein ständiges Nervenkitzel das Ganze. Ob es funktioniert oder nicht, wir hatten viel Glück, am Ende hat es funktioniert. Ich glaube alle haben viel profitiert, gelernt von dem Projekt. Am Ende war es einfach schwierig, wieder manche Leute zusammenzuarbeiten, aber das ist häufig so. Aber das ist schon gut.

Interviewer: Aber man muss ja sagen, ihr habt ein gutes Videotelefon bekommen, nämlich eins, was über ISDN in Farbe streamen konnte, das ist besser als die Standard Panasonic, wie die meisten anderen zumal im Ostblock bekommen haben, die dann nur so Standbilder schicken konnten. Das sah so ein bisschen wie Daumenkino aus. Und das kam aber, genau und das kam aus Kassel und dann gibt es da auch irgendwie so ein paar Faxe, die habe ich dir glaube ich nicht mitgeschickt, wo es darum geht, dass das Ding nach Genf weiter gereicht werden soll. Kannst du dich dran erinnern, dass ihr das gemacht habt?

Hans Wermelinger: Das weiß ich nicht mehr, aber vermutlich kamen die dann von Genf, oder so und haben es abgeholt. Ich kann mich nicht mehr erinnern.

Interviewer: Denn wenn die Behauptungen in den Unterlagen stimmen, da gibt es auch, ich weiß nicht, ob ich es dir mitgeschickt habe, ich habe nicht alles geschickt, musstest du ja Empfang belegen und einen Versicherungsnachweis liefern, weil dieses Gerät angeblich 55 oder 52 Tausend Mark gekostet hat, das war natürlich…

Hans Wermelinger: Wow, das wusste ich nicht.

Interviewer: Ich weiß nicht, ob das ein Versicherungsbetrug war, der da geplant war oder ob das wirklich so war. Aber ich meine, Technik war ja damals halt nicht im Smartphone eingebaut, sondern das kann schon sein, dass das kostspielig gewesen ist, oder? Oder kannst du nicht dran erinnern, dass ihr die ganze Zeit gedacht habt, ihr habt hier 52 Tausend Mark rumstehen?

Hans Wermelinger: Nein, ich kann mich also an den Betrag, den habe ich heute zum ersten Mal gehört und ich kann mich auch nicht erinnern, dass ich, haben wir eine Versicherungs… Vielleicht haben wir für den ganzen Raum oder so etwas eine Versicherung. Ich habe…

Interviewer: Du hast es schriftlich bestätigt, dass es so was gibt.

Hans Wermelinger: Ach habe ich, okay, ja gut, ich kann mich an vieles nicht mehr erinnern. Auch bei dem einen Video, das ich jetzt gerade gesehen habe, dann hört man dort meine Stimme. Ich wusste gar nicht mehr, dass ich das gemacht habe. Also es gibt viele Dinge, ich weiß nicht mehr.

Interviewer: Also du selbst hast überhaupt keine Mitschnitte mehr von damals?

Hans Wermelinger: Nein, ich habe keine, ich vermute ich habe noch irgendwo eine Kiste in meinem Lager, aber in dem Lager war ich schon seit zehn Jahren nicht mehr drin. Irgendwann werde ich mal wieder reingehen. Was ich weiß zum Beispiel, ihr habt ein Plakat, diesen roten Plakat hast du mir in PDF geschickt. Und das ist ein ganz ein schöner Plakat, der ist im Format A2 und auf der Rückseite sieht man eben alle diese Gefäße, inhaltliche Gefäße, die wir entworfen heben. Das sieht man dort und den haben wir massenweise verteilt in der ganzen Stadt. Und das hat ein Kollege von mir, ein Designer gemacht. Ich finde, er hat eine sehr schöne Ästhetik hingeschafft. Gomez. Und das ist auch etwas, was ich sehr schätze an der Piazza virtuale, diese Punk Ästhetik so. Also heutzutage ist alles so schön geschniegelt, die ganze Welt und das ist so eine Max-Headroom-Ästhetik. Und diese ganze Ästhetik finde ich, so im Nachhinein und auch schon damals hat mir recht gut gefallen. Also diese…

Interviewer: Also das Plakat, an die Vorderseite kann ich mich erinnern jetzt. Ist das, was du beschreibst, war das auf dem PDF auch drauf, das ich dir geschickt haben?

Hans Wermelinger: Nur die Vorderseite.

Interviewer: Dann muss ich mal gucken, denn wir haben eigentlich ja alles irgendwo auch physisch, dann muss ich noch mal gucken. Denn ich finde eigentlich dafür, dass das ein Kunstprojekt ist, oder ein von Künstlern organisiertes Projekt, ist halt viel von dem, also ist auch der visuelle Aspekt zum Teil sehr vernachlässigt worden. Der Mike Hentz sagt das auch. Er hat irgendwann keine Zeit mehr gehabt da drauf zu achten, dass da irgendwie auch so einen gewisse Anspruch bei der Gestaltung irgendwie aufrechterhalten wurde und dann haben da halt die Nerds an den Computern zum Teil auch die Gestaltung gemacht. Aber dieses Plakat ist mir in der Tat auch aufgefallen, habe ich auch gedacht, das ist so frühe Neunziger digital Stil, der noch keinen Namen hat bisher.

Hans Wermelinger: Ja, genau.

Interviewer: Cyber-Punk ist es auch schon nicht mehr, aber es hat einen eigenen Look auf jeden Fall.

Hans Wermelinger: Und auf der Rückseite hat man das ganze Programm gehabt, also welche Gefäße wir angeboten haben.

Interviewer: Stichwort Gefäße, da würde ich jetzt gerne drauf zu sprechen kommen, die Konzeptionen. Wie gesagt, man hat bei euch schon das Gefühl, dass sehr darüber nachgedacht worden ist, wie gehen wir mit dieser speziellen Situation um. Andere Künstler hätten am liebsten nur ihre Videos gezeigt. Und bei euch ist ganz klar von Anfang an, dieser Aspekt der Interaktion und der Kommunikation bei allen Formaten mitgedacht worden. Und erzähl bitte einfach noch ein bisschen, wie du dich da erinnern kannst an die Arbeit, an diesen Konzepten.

Hans Wermelinger: Ich müsste jetzt all die Videos wieder schauen, um zu sehen, ob wir die Ziele tatsächlich erreicht haben. Ich habe aber das Gefühl, wir haben nicht so viel erreicht, wie wir wollten, aber trotzdem muss ich sagen, da sind ein paar interessante Ideen. Ich denke, wir haben sie damals gut gemacht. Ich hatte ziemlich ein Problem mit, ich glaube, es war mit Karel Dudesek und vermutlich Mike auch. Weil wir haben eben gewisse Gefäße entwickelt. Und sie waren total dagegen, dass man so wie ein Fernsehprogramm macht. Und ich hatte ziemlich, also ziemlich Streit, also wir haben uns sicher einmal gestritten darüber, weil sie waren dafür, dass man etwas Freies macht. Und ich kann nicht sagen, dass uns dieses ständige Hallo, hier sind wir vorausgesehen hätte. Es hat mehr damit zu tun, dass ich von meiner Natur her jemand bin, der sich immer ein Gefäß ausdenkt, indem sich etwas entwickeln kann. Das ist so ein Bedürfnis von mir. Und das habe ich auch von meinen, also von meinen Leuten, von meinen Kolleginnen und Kollegen verlangt, und habe denen gesagt, sie sollten sich mal ein paar Gefäße überlegen.

Interviewer: Also Entschuldigung, dass ich unterbreche, du sagst immer Gefäße, also das was man heute Formate, oder…

Hans Wermelinger: Genau.

Interviewer: …Sendekonzepte, Sendeideen nennen würde.

Hans Wermelinger: Genau und einige davon habe ich entwickelt und dann hat jemand gesagt, ich übernehme es. Manche haben die Leute selber entwickelt. Zum Beispiel ich finde sehr schön den ersten Beitrag, wo man diesen gelben Kanarienvogel sieht, sprich das ist ein Künstler, der gerade aus San Francisco kam, der Stefan Maier, der ist in Swedish Velours angezogen, in einem gelben Kostüm. Und der hat mir immer gesagt, er sei wie ein Kanarienvogel, den man rumdirigieren kann. Du hast jetzt die Möglichkeiten einen Kanarienvogel irgendwie zu sagen, geh nach links, geh nach rechts sozusagen. Also, er ist ein Performance-Künstler und die Idee, wenn ich mich noch recht erinnere war, dass man ihn sozusagen fernsteuern konnte.

Interviewer: Genau. Darf ich da auch kurz dazwischenfragen, Stefan Maier habe ich gegoogelt, aber Stefan Maier ist natürlich ein relativ häufiger Name, da habe ich auch so mit Künstler und so nichts gefunden. Gibt es den noch, wo kann ich den lokalisieren, was macht der heute?

Hans Wermelinger: Genau, den gibt es noch, der wohnt irgendwo in der Nähe von der Goldküste. Ich kann dir sicher mal die Adresse schicken. Sowieso vielleicht kann ich mal im Herbst in mein Lager gehen und nach diesen Unterlagen suchen, da gibt es noch ein paar Fotos, die ich euch dann vielleicht schicken kann.

Interviewer: Das wäre super.

Hans Wermelinger: Also du kannst mir jederzeit noch eine List schicken, was du gerne hättest, ich weiß nicht, vieles habe ich vielleicht nicht mehr. Ich kann auch den Grafiker kontaktieren und ihn fragen, ob er die gesamte Xpress Dateien hat, QuarkXpress damals.

Interviewer: Aber dieser Stefan Maier, das war sein Performance-Konzept auch jenseits von Piazzettas, dass er sich einfach so als Marionette quasi, als Avatar verdient hat.

Hans Wermelinger: Nein, er hat immer Sachen gemacht. Ich muss sagen, er hat auch an der F+F studiert. Ich habe ihn dort kennengelernt und dann ist er drei Jahre nach Amerika gegangen und hat in San Francisco hat er in einer Künstlergemeinschaft gelebt, er hat wirklich sehr spannende Kunst gemacht. Ich habe ihn immer sehr geschätzt und dann als die Piazza virtuale war, habe ich gesagt, du Stefan du bist doch dann, hast du nicht Lust etwas zu machen. Und dann hat er gesagt, er macht den Eröffnungsabend. Ich glaube, es war der Eröffnungsabend und dann hat er das mit diese… Das Problem war natürlich, man muss auch sagen, neben dem organisatorischen Problem gab es auch gewisse technische Probleme, das hören. Das war immer, also diese ständigen Interferenzen, das hören, wenn jemand etwas sagt, die Tonqualität war nicht gut. Und Bild, muss ich sagen, das hätte gereicht, aber häufig wusste man da nicht, was haben die Leute gesagt. Drum vermute ich kommen auch diese ganzen Hallos. Weil das wie so ein Ping ist, die kleinstmögliche Informationseinheit, oder ein aha, oder ein ja, oder…

Interviewer: Jetzt auch so ein großes Problem und das spielt auch bei euch eine Rolle, sind halt die Latenzzeiten, dass man denkt, jetzt ist einer fertig und dann ist er leider noch nicht fertig und dann reden alle durcheinander und dann misslingt die Kommunikation halt. Von daher, also was du da sagst, du immer einen Rahmen dir gesetzt hast, kommt mir eigentlich sinnvoll vor. Das zeigt halt, dass die Van Gogh TV Leute halt alte Anarchos waren und am liebsten überhaupt keine Regel haben wollen. Das gilt ja auch für ihre eigenen Performances, aber in dem Rahmen finde ich, gewinnt, was ihr da gemacht habt, gegenüber so einem Coffee House, wo halt jeder reden konnte, wie ihm der Schnabel gewachsen war. Und das hat jetzt nicht unbedingt zu tiefgründigen Diskussionen geführt. Aber was dann natürlich auch eine Rolle spielt beim Coffee House, aber gerade halt auch bei dieser Eröffnungs-Performance ist, dass halt ganz schnell diese Anonymität auch so das Schlechte in den Leuten hervorbringt und die anfangen zu trollen und sagen… Habe ich dir das auch geschickt, den Eröffnungsabend?

Hans Wermelinger: Ja, ich habe es gesehen.

Interviewer: Und dann sagen die jetzt steig auf den Tisch, spring runter vom Tisch. Da sieht man ja auch, das sind Phänomene eben auch, die wir bis heute oder heute mehr denn je aus dem Internet kennen, dass da halt im Schutze der Anonymität eben auch sich unsozial verhalten wird.

Hans Wermelinger: Ja, aber das Medium, alle Medien sind da, um Belanglosigkeiten mitzuteilen. Also das Medium generiert auch seinen eigenen sozusagen leeren Inhalt. Also es ist nicht so, dass das Medium nur die Gedanken und Konzepte trägt, sondern auch das Medium, das wir damals in hundert Tagen geschafft haben… Ich glaube es ging weniger um Inhalte, es ging mehr zu erkennen, dass man jetzt die Macht über das Medium hat. Also, dass man wirken kann. Das vermute ich, war in Amerika schon fortgeschrittener. Ich weiß nicht, aber bei uns vielleicht in Europa in diesen Maßen, war es noch nicht bekannt. Und ja, so. Ein anderer Grund, warum ich diese Gefäße gemacht habe, diese Formate, ist natürlich, du musst verstehen, ich war recht jung, wie alt war ich dort, 21. Das hat auch damit zu tun, ich wurde immer sehr damals sehr, ich bin sehr geschützt, wie soll ich sagen, ich war immer zu Hause. Also ich nach Zürich kam, die ersten paar Jahre, habe ich ständig gestottert und so. Ich hatte diverse soziale Defizite und natürlich für mich war die Frage, wie kann ich Leute motivieren etwas zu machen. Und das waren diese Künstler, die dort waren, diese jungen Künstler, die wir waren, das waren tolle Leute, aber weißt du, irgendwie musst du sie in Bewegung bringen. Und das eine in meiner, wie soll ich sagen, Unfähigkeit war zu sagen, hier ich stelle euch eine Box, einen Rahmen und versucht innerhalb von diesem Rahmen kreativ zu sein. Das ist auch, also warum es zu diesen Gefäßen kam. Weil ich musste mir irgendetwas vorstellen und Leute motivieren. Und drum kam es auch vielleicht auch zu diesen Gefäßen. Es war nicht nur Mediengedanken, sondern auch wie soll man sagen, heute würde man das vielleicht Management Gedanken oder Leadership Gedanken darüber sagen.

Interviewer: Also es war nicht so, es gibt ja zu jedem Unterformat sozusagen steht ja immer ein oder zwei Namen, als Projektleiter glaube ich sogar da. Das war nicht so, dass diese Projektleiter identisch waren mit denen, die sich dieses Sendekonzept ausgedacht haben, ja?

Hans Wermelinger: Ja, also weißt du, ich habe das Gefühl ungefähr fünfzig Prozent der Gefäße, mindestens dort habe ich selber entworfen. Und dann hat jemand gesagt, ich mache in diesem Gefäß mit, ich werde dann der Projektleiter, ich habe nur das Gefäß definiert, also damit es so, und dann haben die Leute das übernommen und selber etwas draus gemacht.

Interviewer: Bei den Ausschnitten, die ich dir jetzt gezeigt habe… Ach so übrigens, also wenn du noch mehr sehen willst, ich kann dir gerne noch mehr Links schicken. Das scheint… Aber bei dem, was du gesehen hast, gibt es da irgendwas, wo du denkst, da funktioniert es so, wie ich es mir vorgestellt habe oder was ist dein Eindruck jetzt im Rückblick?

Hans Wermelinger: Genau, es gibt eine, ich habe heute eins angeschaut, das hieß, wie hieß das jetzt, es geht um diesen Killer. Wie hieß das Konzept, das Gefäß, es geht darum, dass wir sagen, wir tun im Raum, ein Krimi simulieren und die Leute sollen die Kamera…

Interviewer: Videokurier heißt das. Videokurier, wir haben genau dieselben Probleme mit der Latenzzeit wie damals.

Hans Wermelinger: Genau (lacht) und das ist ein typisches Gefäß, der von mir entworfen wurde. Warum, wenn du das siehst, dann verstehst du, das hat mit Rollenspiele zu tun. Und am Anfang in meiner Kindheit, als ich zwölf Jahre alt war, da haben wir ein sehr kleines Spektrum gehabt, der hat so einen Tape Recorder. Damals gab es noch keine Disketten und dann hast du das geladen. Und bis ein Spiel in der RAM war, das hat ungefähr zehn Minuten gedauert und ich hatte ein Spiel, also mehrere, aber eine, die kam einfach nicht durch. Das hieß, du bist jetzt einem Flugzeug und das Flugzeug stürzt ab, was machst du. Und das war alles mit Sprache. Dann sagst du zum Beispiel Tür öffnen. Hat er nicht reagiert. Ich kann mich erinnern an dieses Spiel mit meinem Bruder, ich weiß nicht, wie oft den geladen zu haben, aber wir kamen nicht aus dem ersten Raum raus. Und diese Idee, das war wirklich (lacht), aber auch dieser Frust ist auch etwas Kreatives und dieses Killer-Dings da, das war ein typsicher Konzept von mir, wo ich sage, wir machen so wie eine Art Rollenspiel, interaktives Rollenspiel. Also die Zuschauerinnen und Zuschauer, können uns dirigieren und so die Geschichte rausfinden, wo ist die Leiche.

Interviewer: Die Inspiration war nicht der Tatort, oder so, sondern eher solche Text Adventure?

Hans Wermelinger: Ja, die Inspiration waren so Text Adventure, dieses Role Playing Text Adventure damals, in dieser virtuellen… Und dann war die Idee das so zu machen und ich habe jetzt Video noch nicht bis zum Ende geschaut. Ich vermute am Ende haben wir es nicht geschafft. Aber wir haben es versucht und jedes Gefäß hat so eine Idee für sich. Ich habe dort gelesen, dass mit dem ich, mit dem Fenster, dass wir verschiedene Fensterblicke aus Zürich zeigen wollen. Ich kann mich nicht mehr erinnern, ob wir dann am Ende mit der Kamera irgendwo hingegangen sind. Ach, ich weiß jetzt, warum es nicht funktioniert hat. Weil, als wir diese Gefäße erfunden haben, haben wir nicht gewusst, dass wir an diesem beschissenen ISDN-Leitungen dranhängen. Also unsere Ideen, da gibt es eine totale Dissonanz zwischen Möglichkeit oder technischer Machbarkeit und unsere Ideen. Also viele diese Gefäße haben wir sicher nicht umsetzen können, wenn ich mich recht erinnere, weil wir konnten die Kamera gar nicht bewegen. Wir mussten in diesem Raum bleiben.

Interviewer: Also man konnte die Kamera schon ein Stück-weit bewegen, das sieht man auch zum Teil, die hat so ein Kabel, man kann damit durch den Raum gehen, aber bei diesem Videokurier ist tatsächlich irgendwann das Problem, also da spielen die Zuschauer ja auch richtig mit, ich will jetzt nicht spoilern und sagen, was dabei rausgekommen ist oder nicht. Aber ein Problem, das dann irgendwann auftritt ist, die das, die untersuchen dann halt, lassen den Kameramann den ganzen Raum untersuchen und was ist unter dem Tisch und irgendwann ist das Kabel zu Ende und man kann nicht mehr weitergehen. Also kann ich es dir auch sagen, also die Leiche wird nicht entdeckt, in der Sendezeit zumindest. Aber das hat mich so ein bisschen an diese Escape-Rooms der Gegenwart auch erinnert, dass man da diese Aufgabe lösen muss. Genau und mit den Fenstern, da sieht man schon ab und zu mal so Einblendungen auch aus der Bahn, also das kann nicht irgendwie vor Ort gedreht worden sein. Irgendwie scheint es doch eine Möglichkeit gegeben zu haben, aufgenommene Bilder einzuspeisen und wenn die nur von irgendeinem Monitor abgefilmt worden sind, das kann man nicht erkennen. Aber da ging es ja dann auch darum, das Publikum halt so einzubeziehen, dass die auch selbst darüber sprechen, was sie sehen und das war wahrscheinlich vorher nicht vorherzusehen, wie gut das funktionieren würde und ich finde es funktioniert eigentlich ganz gut. Also es ist relativ langweilig dann, was dann erzählt wird, aber auch da macht das Publikum dann mit. Also das war nicht nur so nur, dass die Leute anriefen,um hallo zu sagen, sondern den fehlte dann eben das Angebot, oder der Debatten-Auslöser sozusagen und dann wird schon sinnvoll gesprochen.

Hans Wermelinger: Ja und ich meine das Medium war auch überladen, wenn man die Videos anschaut, dann sieht man in der Ecke unten auch immer die Kamera aus Kassel und auch die nimmt sehr viel Aufmerksamkeit, oder es wird dort das kommentiert und diese Multiview sozusagen und warum es dort noch Sichten aus dem Bahnhof gibt ist, weil diese Hohlstraße, das liegt gerade am Güterbahnhof in Zürich. Und vermutlich müsste man das Video anschauen, wurden dort Aufnahmen direkt von dort gemacht. Was mir, ich bin einer, der geht immer nach vorne, das war schon immer so meine Geschichte und ich habe nie nach hinten geblickt. Das ist jetzt eins der ersten Mal, die ich so nach hinten blicke. Was mich natürlich am meisten wundert ist, was aus den Leuten wurde. Ich hoffe, dass alle, die dort beteiligt wurden in der Piazzetta Zürich, dass die heute irgendetwas Spannendes machen. Es ist auch schön zu sehen, wie…

Interviewer: Du hast eigentlich mit keinem von denen, der damals dabei war, noch Kontakt oder weißt was da los ist.

Hans Wermelinger: Ja, nur mit dem Grafiker, das war mein bester Freund, (unv. – #00:43:03-7#) Gomez und kürzlich, ich bin jetzt nach Biel gezogen. Vor einem halben Jahr stand plötzlich ein Zettel an meiner Tür, da hat der Stefan Maier, hat mich irgendwie gefunden, er kam vorbei, ich war nicht zu Hause, er hat einen Zettel geschrieben, Hans wäre schön, dass wir uns wiedersehen. Wir haben gedacht, wir sehen uns diesen Sommer. Jetzt ist natürlich auch noch Corona, aber sonst habe ich mit niemand Kontakt. Ich weiß gar nicht, wer noch lebt, ob der Peter Weibel noch lebt.

Interviewer: Peter Weibel ist immer noch Chef vom ZKM, also da ist die Amtszeit verlängert worden, Konrad Lischka lebt, soweit ich weiß, auch noch, aber was jetzt die Beteiligten da vor Ort betrifft, da müsstest du schon wissen. Okay, das heißt aber auch, dass du aus… Nein genau, das wollte ich noch fragen, du hast gesagt, man hat viel gelernt, vielleicht so, um das ganze abzuschließen, kann man das ein bisschen konkretisieren, oder hat es vielleicht noch irgendein Nachspiel gegeben, dass du gesagt hast, Verein gegründet worden, hat der noch irgendwas gemacht, was darüber hinausgeführt hätte, oder war das eigentlich, als es vorbei war auch abgeschlossen?

Hans Wermelinger: Ja, also ich sage mal so, nachdem es vorbei war, war es abgeschlossen, jeder zog in seine Richtung, jeder in eine andere Richtung. Ich glaube ein Jahr später hatte ich keinen Kontakt mehr mit der F+F. Ich bin dann an die Uni gegangen, habe eine eigene Computerfirma gegründet, wir haben so Projekte für NGOs gemacht, zwei, drei Jahre lang. Irgendwann hat es auch nicht funktioniert, ab in den Konkurs. Für mich war das eine, ich kann nur von mir reden, für mich war das eine wirklich sehr tolle, wenn auch schmerzhafte, manchmal schmerzhafte und stressige Erfahrung. Es hat mir gezeigt, wie man die Welt selber gestalten kann, also wie man, auch wenn es mit der Gruppe dann Streit gibt oder eben man ist enttäuscht, sagen wir mal so, eher enttäuscht. Es hat mir gezeigt, wie wertvoll diese Dinge sind und wie spannend es ist zu machen und ich würde jederzeit wieder ja sagen. Ich habe auch ein paar Mal später andere Dinge probiert, zwar nicht so im Medienbereich und bin immer wieder auf die Nase gefallen, aber anscheinend ist das eine (lacht) erprobte Nase. Medial, stark und ich finde, heute nach wie vor, es braucht solche Projekte, die das weiterdenken, die das Medium weiterdenken.

Interviewer: Ja, man denkt immer durch das Internet ist alles so leicht und so möglich geworden, aber bestimmte Aktivitäten, die die damals, also bestimmte Sachen, die damals gemacht haben, gehen halt bis heute nicht. Zumindest nicht für Amateure. Es gab da bei der Piazza Hamburg zum Beispiel so ein Format, da sollen die Zuschauer anrufen und solange Witze erzählen, bis die Frau vor der Kamera zu lachen anfängt. Und das ist bei YouTube auch ein ganz beliebtes Format, dieses Try to make me laugh. Aber da sitzen die mit dem Handy da und gucken auf das Handy und dann kriegen die per Twitter oder per E-Mail halt Witze geschickt und lesen die vor. Aber diese Konferenzschaltung oder so, das dann wieder bei YouTube zu zeigen, das ging jetzt wahrscheinlich mit Zoom und so auch. Aber, dass da so anonym einfach mal so angerufen wird, das wüsste ich nach wie vor nicht, wie man das realisieren sollte. Gut, ich bedanke mich recht herzlich für das Gespräch. Wenn du noch Material findest, sind wir immer interessiert, auch wenn wir, habe ich ja schon gesagt, mehr als genug haben, aber was wirklich super sind, sind so Fotos, die vor Ort aufgenommen worden sind. Weil man sieht halt auf dem Bildschirm immer so was, das ist übrigens auch was, was mir auch bei euch aufgefallen ist und was ganz viele andere auch gesagt haben, wir möchten mal den Bildschirm für uns haben. Wir möchten nicht nur ein Fenster sein und unten und die Chatter dann so zwei Drittel irgendwie, oder die Hälfte vom Bildschirm und dann ist da irgendwie noch so eine Birne aus Kassel dabei. Obwohl da auch manchmal plötzlich so Gespräche wieder entstehen. Also bei euch jetzt nicht so stark, aber je nachdem, was wie Piazza, aus anderen Städten irgendwie macht, gibt es durchaus dann auch wieder Dialog, mit dem, der da in Kassel gerade vor dem Entry Point steht und das sind ja in der Regel totale Wild Cards, das sind halt irgendwelche Passanten, oder wirklich so Documenta Besucher, ältere Damen oder so, die dann da reingeraten. Von daher hast du recht mit der Reizüberflutung, aber das hat auch irgendwie dann doch zum Teil wieder interessante Ergebnisse gebracht. Aber so diese, dass man gerne mal so über den ganzen Bildschirm bestimmen würde, da wart ihr nicht die einzigen die das versucht haben, aber abmoderiert worden sind.

Hans Wermelinger: Ja, ja, nein. Was ist heut aus Salvatore, Benjamin, Mike und Karel, die sind immer noch im…

Interviewer: Weiß ich alles gar nicht. Man muss schon sagen, dass diese Projekte letztlich dazu geführt hat, dass die sich zerstritten haben, also der Karel ist ja dann mehr so in eine interessant auch eigentlich, in so eine kommerzielle Richtung gegangen, er hat dann versucht irgendwie damals mit diesem VML, das war ja so ein 3D-Format, für das Netz halt so eine Firma zu machen und wie ich jetzt erst erfahren habe, war der wohl auch kurz davor richtig Venture-Capital dafür zu bekommen. Und hat dann bei der Olympiade, was war es, Los Angeles, ne? Irgendwie auch noch mal so ein Projekt gemacht, oder war es Atlanta, weiß ich jetzt nicht genau. Und ja, der ist freier Künstler wieder, Mike ist freier Künstler, Salvatore hat so eine Open-Source-Software Firma und Benjamin verwaltet einerseits den Nachlass von seinem Vater, der war ja Fotograf und hat irgendwie, weiß nicht, ob du das weißt, der hat irgendwie, in Wolfsburg ist der so der Stadt Chronist der Nachkriegszeit, also der hat dieses VW, wie das da entstanden ist, irgendwie so in Fünfziger Jahren fotografiert, aber auch so richtig so Kunstfotografie. Also eigentlich auch interessant, wie sich das dann in der Familie fortpflanzt, so eine Lichtmaschine erfunden, die dann halt irgendwie so Glühbirnen bewegt hat und Licht erzeugt hat, und außerdem hat Benjamin, was hat er zuletzt gemacht, hat für Stuttgart so ein großes Ausstellungsprojekt kuvertiert und ist eigentlich derjenige, der am meisten daran arbeitet, dass das nicht in Vergessenheit gerät. Die anderen haben leider nicht so einen historischen Impetus, aber Benjamin, auf den geht das ganz klar zurück, dass wir das machen, der hat mich das immer wieder gefragt, willst du nicht mal da in meine Sammlung gucken und die Videos gucken und so und das machen wir jetzt halt. Also gut, ja?

Hans Wermelinger: Noch schnell als letzter Gedanke. Weil ich finde total spannend, was ihr macht und ich werde noch die Videos anschauen und Material suchen und ich habe mir überlegt, also ich war nie ein Freund von diesen danach treffen. Immer wo es so Schultreffen gab, bin ich nie gegangen. Also ich wurde immer eingeladen, ich bin jetzt fünfzig, 51, in dreißig Jahren bin ich nie, ich weiß nicht, aber vielleicht wäre es interessant am Ende von eurem Projekt zu sagen, hey Aperol um sechs in Hamburg da und da. Weißt du einfach so, nicht so ganz einfach, dass ein bisschen vorzeitig anzukündigen. Vielleicht kommen ja ein paar und treffen uns dann dort.