Interview mit Salvatore Vanasco, 08.06.2018

Salvatore Vanasco war Mitgründer von Ponton und Van Gogh TV und leitet heute die Berliner Medienagentur Xailabs.

Interviewer: Also gut, dann beamen wir uns doch mal zurück ins Jahr 1990. In die Zeit, als Piazza virtuale vorbereitet worden war. Erzähl uns ein bisschen was über dich, wo du zuletzt halt so daneben gestanden hast, was der Hintergrund war.

Salvatore Vanasco: 1990 haben wir ein Projekt in Linz realisiert mit Van Gogh TV. Das hieß Hotel Pompino. Da ging es um ein virtuelles Hotel mit 44 Räumen, die im Computer gebaut wurden. Das haben wir damals auf Amigas gemacht. Und haben das in ein Spielkonzept umgewandelt. In jedem dieser Hotelräume gab es eine Spielidee. Und es waren dann 44 Räume mit virtuellen Aufzügen und Hotelpersonal. Es waren die Pompinos. Hotel Pompino war eigentlich einer der Vorläufer der Piazza virtuale. Hat auch einen italienischen Titel. Der Pompino ist im Italienischen ja der Feuerwehrmann oder dann sexuell der Blow Job. Und da gibt es auch eine lustige Anekdote. Der damalige Leiter der Ars Electronica war dann zur Vorstellung, da kommen also Elektroniker in Italien und hat dort auf einem Schloss berichtet und sagt, unser Hauptprojekt dieses Jahr, Hotel Pompino und hatte ein großes Gelächter. Und schickte uns dann eine Postkarte aus Rom mit Remulo and Romulo in einer sexuellen Handlung. Und sagte, ich weiß jetzt, was das heißt. Hatte er ein bisschen Gelächter. Insofern war das eine interessante und wichtige Phase, weil die Projekte vorher weniger Virtualität hatten. Also wir hatten schon, bin ja dann 89, also wir das Ponton European Art Lab gegründet haben, war ich ja Mitinitiator. Und wir kannten uns ja vorher schon ein paar Jahre, weil, die Kollegen kamen ja aus Indien zurück und brauchten unbedingt junge Leute, die denen das Material verarbeiten, was sie da produziert haben. Und da hatte ich nicht groß Lust zu. Und insofern gab es jahrelang Kontakt, bis ich dann irgendwann gesagt habe, das sind die Bedingungen. Wenn die erfüllt werden, dann komme ich dazu. Heidersberger, Dudesek und Hentz hatten eine längere Phase schon. Ich kam aber erst da dazu. Und da war ich auch gerade fertig mit dem Studium. Ich habe ja in Hamburg an der Kunsthochschule studiert. Und die Tätigkeit dort war überhaupt Interaktivität als solches zu denken. Also auch in der Kopplung mit einem Mensch-Maschinen-Interface. Und dann noch die Hauptschwierigkeit, das in ein Massenmedium zu heben und dort ob der technischen Bedingungen, die man dort hat, eben auch überhaupt nachvollziehbar und mit machbar zu machen. Bis dahin gab es ja nur ein paar Fernsehsendungen, die sich damit beschäftigt hatten, vom Goldenen Schuss bis Wetten dass…. Nein, nicht Wetten dass…, sondern das davor, wir hieß das? Mit Dietmar Schönherr und Vivi Bach?

Interviewer: Wünsch dir was.

Salvatore Vanasco: Hm?

Interviewer: Wünsch dir was.

Salvatore Vanasco: Wünsch dir was hieß das. Und das war ja auch interaktiv. Die haben ja damals schon aus dem Fenster geschrien in Bochum und den Lautstärkepegel aufgenommen und daraus eine Entscheidung in der Show abgewandelt. Also ganz interessante Konzepte überall. Aber es gab eben diese Form von Interaktivität mit Masse nicht. Und wir hatten uns schon darauf kapriziert, das hat natürlich damit was zu tun, dass es diese Vorerfahrungen mit Minus Delta T, aber auch in Van Gogh TV mit Performancekunst gab. Also einem Resonanzraum, innerhalb dessen man immer wieder sich situativ entwickelt. Und diese ganzen Erfahrungen und diese auch, ich glaube, Endorphin-Stöße, die man da als Performer hat, das war sozusagen die Motivation zu sagen, wie können wir das in ein Massemedium auf viele übertragen. Das war teilweise die Motivation von Herrn Hentz und Herrn Dudesek. War für mich interessant, weil, ich komme ja eigentlich aus der Literatur. Und habe mich da viel eben auch mit linker Literatur beschäftigt gehabt. Ich habe es ja auch mal studiert in Rom. Und hatte durchaus so demokratiefördernde Gedanken. Und insofern passte das eigentlich ganz gut zusammen. Und das dann auch mit meinem Background als, in Anführungszeichen, Medienmacher, war das ein passender Deckel auf den Topf oder umgekehrt, also es hat dann so gepasst. Und waren ja auch relativ wilde Rabauken, die Kollegen, das war auch attraktiv. Ich war ja noch sehr jung. Also ich war ja 29, als wir da gestartet sind.

Interviewer: Was, muss ja jetzt nicht so einen Titel gehabt haben, aber wie würdest du deine Aufgaben so beschreiben?

Salvatore Vanasco: Wir waren zu viert Direktoren. Also es war, so hieß das.
Also alle vier waren Direktoren. Und ich hatte auch den Titel eines Direktors des Medienlabors. Also das Ponton European Media Art Lab. Was heißt das in der Realität? Also die Finanzierung lief zu der Zeit im Wesentlichen über Herrn Dudesek, der halt Österreich Kontakte, dann hatten wir zur Kulturbehörde in Hamburg. Haben halt immer wieder Konzepte entworfen. Und haben dann geguckt, wer uns da ein bisschen Geld für gibt. Und sind die auch schon ohne Geld angegangen, weil, die Mietpreise waren zu der Zeit durchaus überschaubar. Und wir hatten gute Kontakte in die, klingt wild, aber in die Industrie. Und zwar auf der Ebene, dass die dachten, das sind die Wahnsinnigen, die machen Zeug, das machen andere nicht. Und die können uns Ergebnisse liefern, die andere nicht können, weil sie die Maschinen eben gar nicht so beanspruchen, wie wir das gedacht haben. Also der Missbrauch von Technologie war das Interesse der Industrie. Um zu sehen, wo sie ihre Geräte weiterentwickeln können. Also wir hatten sehr gute Kontakte in all diese, auch heute noch existierenden Marken.

Interviewer: Das klingt jetzt so ein bisschen wie eine Managementaufgabe eher, als eine künstlerische Tätigkeit.

Salvatore Vanasco: Es war von allem ein bisschen würde ich sagen. Also dadurch, dass wir vier waren, hat es sich ja auch immer schön verteilt. Also es gab Sachen, die natürlich waren. Also was weiß ich, Pressekontakte oder ähnlich, weil, aufgrund dessen, dass Benjamin vorher im Journalismus tätig war, durchaus bei ihm näher. Das Arbeiten mit Gestaltern, mit Performern, entwerfen von Interaktionsmechaniken halt dann eher bei mir, weil das eben aus dem Betätigungsfeld kam. Die Übersetzung von Physikalischem in Spirituelles würde ich sagen, war eher Mike Hentz. Und also aus einer Performance betrachtet, also ins Transzendente zu übertragen, das meine ich damit. Dass man eben nicht auf der Ebene der Begrifflichkeit agiert, sondern auf der Ebene, wir nannten das Klima, also auf der situativen Befindlichkeit aus dem heraus zu schöpfen und das zu triggern. Und da war Hentz sehr gut. Und Dudesek war eher so ein wilder Zeitgenosse, der als Genussmensch unterhaltungssuchend war. Aber sehr interessant dabei. Er war jemand, der in der Lage war, aus jeder Situation des Lebens Mehrwert zu generieren. Und das war schon beeindruckend. Weil, so was gab es sonst nicht.

Interviewer: Du hast jetzt mehrfach deinen Background erwähnt. Du hast gesagt, dass du an der Kunstakademie in Hamburg studiert hast. Und das war genau der berufliche Background, der dann für dich eine Rolle gespielt hat.

Salvatore Vanasco: Na, ich habe ja an der Kunsthochschule angefangen, Computer hinzuschleppen. Ich habe ja visuelle Kommunikation studiert. Ich habe mich sehr mit Bewegbild beschäftigt. Aber eben auch der Digitalisierung dessen. Das heißt, die Übertragung vom Analogen ins Digitale und dann die Manipulierbarkeit durch die digitalen Werkzeuge. Und das fing von Hardware-Entwicklung bis zu Software-Entwicklung an. Bis hin auch eben Stücke oder Werke zu genieren, die eben nicht linear waren, sondern mehrdimensional und als dann in die Echtzeit getragen wurden, das war auch eins der Motivationen, die ich hatte mit Ponton Van Gogh TV. Und dann auch die Beziehungen, also da mitzuwirken. Diese Möglichkeit, dass auch in Echt in eine Erprobung zu bringen, also vor Publikum zu bringen.

Interviewer: Gab es da an der Kunstakademie zu der Zeit Professoren, die so was irgendwie unterstützt oder vielleicht sogar selbst angeboten haben?

Salvatore Vanasco: Der Herr Vogel war ja der Direktor der Hochschule, der hat mich unterstützt. Mit dem hatte ich einen ganz guten… Also den habe ich eine Zeit lang genervt, weil ich gesagt habe, hätte gern, würde gern und so weiter. Es ist aber nichts da. Weil, es gab keine vernünftigen Schnittplätze, es gab keine Interfaces. Nicht zu der Zeit. Also wir reden wirklich Anfang der 80er Jahre, wo also Analogie das Einzige war, was da war. Es gab keine Computer in Hochschulen. Zumindest nicht in Hamburg. Und ich bin als erster da mit Computer reingelaufen. Und dann wirst du halt angefeindet erst mal, weil das ja dann die Kommerziellen sind, die sich so was leisten können, was ja Quatsch war. Aber so wird das halt aufgenommen. Aber wer es verstanden hat, war Gerd Droscher damals, der Dokumentarfilmleiter dort. Seltsamerweise auch der Kurt Böhner, das war ja ein ehemaliger Beuys-Schüler. Mit wem ich auch darüber viel gesprochen habe, war halt der Sigmar Polke. Die waren halt zu der Zeit da und das war natürlich ein Geschenk, dass man mit denen sprechen konnte, weil die einfach durchaus interessante Denker waren. Und daraus, als Student war das gut.

Interviewer: Also gut, wir kehren zurück da zu dieser Zeit der Planung von Van Gogh TV. Du hast Hotel Pompino erwähnt als einen Vorläufer. Wie hat sich dieses Format oder diese Idee entwickelt? Denn bei Hotel Pompino geht es ja doch sehr stark um die Simulierung, also so was von Virtual Reality. Und plötzlich gibt es diese Idee, das Publikum stärker einzubeziehen.

Salvatore Vanasco: Das war ja schon bei Dings drin, bei Hotel Pompino. In jedem Raum gab es einen Interaktionsmechanismus mit dem Publikum, entweder Telefon, Fax oder Video-Slow-Scan-Verfahren. Direkteinwirkung und Publikum vor Ort. Also es ging ja soweit, dass wir sogar das als Spiel deklariert haben und in der Zeitung annonciert hatten, dass wir Mitspielende gesucht haben. Und haben die dann auch jeden Morgen, da kamen Hunderte von Leuten und aus denen haben wir dann gecastet und die Show zusammengestellt, also Spieler. Obwohl es kein Spielsystem gab. Also es war alles simuliert.

Interviewer: Das wäre ja auch eine Richtung, die man hätte einschlagen können, wir machen das weiter mit diesem Virtual-Reality-Räumen.

Salvatore Vanasco: Absolut.

Interviewer: Aber die Entscheidung ging ja offenbar in Richtung…

Salvatore Vanasco: Es hat halt eine andere Historie bei uns gehabt. Also wir haben ja angefangen mit einer Audio-Reality. Also es gab die Idee, über Telefon Leute zu verschalten. Und da haben wir ein Rack gebaut, Benjamin ganz im Wesentlichen mit Christian Wolf, wo man 20 Telefonleitungen auf einem System hatte. Und die konnten wir dann, dann haben wir einen virtuellen Raum gebaut. Und haben, ähnlich wie bei Multi User Dungeons konntest du nach links, nach oben, also diese vier Richtungen. Und das konnte ich eben mit der Telefontastatur, der zwo, der acht, der sechs, der vier und der sechs konnte ich Richtung und Go war immer die null. Und da haben wir so ein System aufgebaut und haben das ein Jahr lang in Hamburg erprobt. Und dann gab es, ging ich zu Christian Wolf und sagte, sag mal, die bewegen sich doch da drin, kann man das nicht visualisieren? Und dann haben wir angefangen mit Tetraedern, Oktaedern also die zuzuweisen. Und haben dann auf einmal so Wireframes durch irgendeinen Computerraum fliegen sehen. Und da kommt das her eigentlich. Und die Pompino ist im Prinzip die Weiterentwicklung dessen. Piazza virtuale ist dann die Weiterentwicklung dessen, wobei unten drunten noch die Diskussion war, ist der Künstler ein Autor oder ist er ein Dienstleister. Und ist Demokratie und Agnostik möglich, wenn jemand eingreift? Das heißt, eine Moderation macht. Und das führte dann zu Piazza virtuale, sozusagen dort eigentlich ein technisches System, das sich abbildet. Aber das, was sich abbildet, wirklich auch sich selbst zu überlassen und sich zu regeln.

Interviewer: Lass uns noch mal kurz zu diesem Telefonprojekt zurückgehen. Also du sagst, man konnte sich mit der Tastatur durch virtuelle, akustische Räume bewegen. Hat man da dann nur Sachen gehört oder hat man auch…

Salvatore Vanasco: Nein, da haben sich Leute unterhalten auch.

Interviewer: …mit anderen Menschen sprechen können?

Salvatore Vanasco: Also es waren akustisch gestaltete Räume.

Interviewer: Kannst du das beschreiben, was hat man da gesagt?

Salvatore Vanasco: Wir haben damals so ein bisschen Marxismus, ein Raum war Marxismus. Aus dem Buch, das Kapital die wesentlichen Frequenzen, also Sequenzen rausgenommen hat, eingesprochen hat mit Echo. Also so Sounddesign gemacht hat und so weiter. Und das war dann so ein Umraum. Freiheit, Religion. Wir waren immer bei den Kernthemen eigentlich. Und haben aus denen heraus und darein gearbeitet.

Interviewer: Aber hat man in diesen akustischen Räumen dann auch mit anderen Teilnehmern kommunizieren können?

Salvatore Vanasco: Genau.

Interviewer: Okay.

Salvatore Vanasco: Es konnte, pro Raum konnten acht Leute sein. War damals technisch nicht anders machbar, aufgrund der Hardware, die wir da zusammengeschraubt hatten. Aber es gab eben, der hauptsächliche Grund war, dass Leute kommunikativ sich dort aufhalten können. Also es war, wir hatten ja schon Usenet-Zugänge schon ab 86 alle. Und kannten uns in den einfachen Diensten des Internets schon aus. Und haben schon ja 89 Internet-Chat auf das Fernsehen gelegt. Also wir waren da schon durchaus sehr schnell unterwegs. Und haben da die Dinge erprobt, um zu sehen, was das ist. Also zu der Zeit gab es ja keine andere Referenz. Man hat es gemacht, hat geguckt, was ist das und wo kann man das später einsetzen. Zum Teil auch relativ radikal und auch scheiternd, hatte das Scheitern im vollen Blick, weil man es wirklich nicht besser wusste. Aber das Risiko war für uns kein Risiko, sondern war eine Chance immer.

Interviewer: Also ich sehe jetzt den Berührungspunkt zwischen dem Telefonprojekt. Wie hieß das Projekt?

Salvatore Vanasco: Müssen wir den Heidersberger fragen, habe ich vergessen.

Interviewer: War das ein Eigenprojekt oder hat das (unv.) finanziert?

Salvatore Vanasco: Das war Eigenprojekt, das haben wir gemacht. Und die Hamburger Kulturbehörde hat, ich glaube, 30.000 Mark damals gegeben für zwei Jahre. Also für Erstellen und dann eine wissenschaftliche Analyse.

Interviewer: Okay. Aber auf jeden Fall ist da schon ganz stark dieser kommunikative Aspekt drin. Und mit Piazza virtuale kommt ihr ja eigentlich zu dem zurück. Kann man das so sagen?

Salvatore Vanasco: Wir sind da nie weggegangen von. Also für uns war immer dieses direkt in Beziehung bringen und auch die Prozessualität sozusagen anzutriggern, das war einer der Kernleistungen, die wir immer vor Augen hatten.

Interviewer: Okay. Aber also vor dem Hintergrund jetzt noch mal ein bisschen mehr zu der Genese von Piazza virtuale. Also Hotel Pompino ist abgeschlossen. Man könnte (unv.)…

Salvatore Vanasco: Wir sind 1991 auf ein Theaterfestival in Italien gefahren, alle vier waren wir dort eingeladen auf Vorträge. Und ich hatte den Kollegen schon immer erzählt, was eine Piazza ist. Und die hatten die so aber noch nie wahrgenommen. Und als wir dann dort waren, Conegliano hieß das, das ist bei Rimini, ist in Italien ein berühmtes Theaterfestival, standen wir eben auf der Piazza und dann haben sie es selbst erlebt, die Vielfältigkeit, die Vielseitigkeit, auch die diesen wechselnden Positionen. Also die wechselnden Haltungen, die wechselnden Funktionen der Menschen auf solchen Orten. Da hatten wir so einen sehr bewusst Blick auf einmal. Und da initialisiert sich dann die Piazza virtuale, wo man dann vom, ich sage mal, vom Planquadrat der Piazza auf das Rechteck des Monitors kommt. Und dann die Übersetzung vom Analogen auf die Piazza virtuale hebt und dann natürlich die Limitierung des Mediums spürt. Weil, im realen Raum kannst du dich ja vielfältiger auch phrasieren, transformieren. All das, was Identitäten ausmacht, ist ja nicht so einfach, wenn du auf einmal auf so eine Oberfläche klatschst.

Interviewer: Ich wollte gerade warum eigentlich? So eine italienische Piazza ist doch für sich genommen wunderbar. Warum das in das sterile kalte Medium Fernsehen übertragen?

Salvatore Vanasco: Na, Fernsehen war ja für uns nur eine Abstrahlfläche, also was uns interessiert hat, war ja der Raum dahinter, also der Kommunikationsbereich. Das Fernsehen war ja nichts anderes als, dass man sagt, das ist da die Spitze des medialen Eisbergs, wo halt die meisten Augen drauf sind, wo man die meisten Leute erreicht. Und insofern ist Fernsehen der Trigger. Aber hinein in eine doch Information-, Kommunikations- und Interaktionswelt. Wobei Information geringer bei uns von Bedeutung war zu der Phase. Aber Kommunikation und Interaktion die zwei Schwerpunkte waren.

Interviewer: Okay. Also die Idee ist inspiriert von der tatsächlichen Piazza in Italien.

Salvatore Vanasco: Auch und den Vorarbeiten. Also wir hatten zum Beispiel 1991 ein Projekt hier in Berlin, in einem Club, dem 90 Grad. Das hieß Ballroom TV. Und da hatten wir fünf Videokonferenzsysteme auf Rücksäcken gepackt und hatten die hier an Künstlergruppen in Berlin verteilt. Und wir hatten zwei Abende im 90 Grad damals. Das war so ein Technoladen. Und wurden dort eingeladen, dort Performance zu machen. Und haben dann Fernsehen aus Berlin, FAB, dazugewonnen, das auszustrahlen. Und das Radio auch. Und dann haben wir dann noch Internet-Chat draufgelegt, ein Telefonsystem hingebaut. Und hatten drei Bühnen im Club, plus die fünf Außenbühnen. Und haben die jeweils interagieren lassen. Was nicht unbedingt jetzt so einen Clubabend ergeben hat, aber so als experimentelles Unterhaltungsniveau ganz interessant war. Sehr interessante Leute dabei gewesen. Also wir haben ganz interessante Teams damals zusammengestellt.

Interviewer: Wie wer zum Beispiel?

Salvatore Vanasco: So bekannteren Blixa bis so Berliner Größen, Nick Caves, also um die Neubauten, um die Musiker herum, die hier waren. Aber auch die Medienmacher und die Künstlergruppen, die es hier gab. Also wir hatten ja mit allen durchaus guten Kontakt. Weil es ja doch auch so eine Gegenöffentlichkeit gab, aus der Kunst, aus der Musik. Da muss man, glaube ich, auch ein bisschen in den 80ern gelebt haben, um das noch zu verstehen. Es gab ja so durch Punk und die Neue Welle und dann auch die Neuen Wilden und diese ganzen Kunsthochschulen, die ja Orte waren, wo wahnsinnig viel eben auch an Identitäten und Kollektiven geschraubt wurde. Wobei, das ist eigentlich ein sehr guter Nährboden für solche Betrachtungen. Insofern gab es übergreifend immer Kontakte. Man hatte irgendwie das Gefühl, dass es irgendeine Form von Wir gab. Dass es immer illusionär ist, ist auch klar. Aber zu der Zeit hat das verbunden.

Interviewer: Also bei den Kassetten, die wir digitalisiert haben, sind noch fünf Ballroom TV, glaube ich, dabei.

Salvatore Vanasco: Das ist nicht uninteressant. Ich würde sagen, für dich ist das interessant. Weil es da, also so der Nainz Watts, der war der Mixer von allen damals. Nainz Watts, Chrislo Haas war mit Musiker. Chrislo Haas war der Musiker Deutschlands zu der Zeit, finde ich. Da war ja DAF, da war Crime in the City Solution, Liaisons Dangereuses, alles Chrislo. Minus Delta T, Musik Chrislo Haas. Also Chrislo war eine besondere Figur, ein besonderer Musiker auch, also wirklich Weltklasse. Also top Musiker mit einem Feeling, das habe ich bis heute bei keinem anderem mehr erlebt. Ist leider gestorben. Aber ein sehr, sehr netter, lieber Mensch. Also wahnsinnig musikalisch begabt.

Interviewer: Also zurück zur Vorgeschichte von Piazza virtuale, wo es ja schon diese verschiedenen Segmente gibt. Kannst du vielleicht ein bisschen darüber sprechen, wie sich das entwickelt hat. Woher kam diese Ideen, wir machen einen Beichtstuhl, wir machen so einen Musiksampler, wir machen dieses Textprojekt? Das hat auch sehr verschiedene Handschriften zum Teil.

Salvatore Vanasco: Welches Textprojekt?

Interviewer: Das von dir, Datenbank.

Salvatore Vanasco: Die Landscape, Media Landscape?

Interviewer: Genau, ja.

Salvatore Vanasco: Also wir hatten bei, und das muss man, glaube ich, doch noch mal bei Hotel Pompino anfangen. Gab es so einen Tisch. Und dann trafen wir uns jeden zweiten Tag und haben Ideen auf den Tisch geworfen. Jetzt muss man wissen, dass Van Gogh TV Ponton immer Streitkultur war und man nie wusste, warum da einer was sagt, weil er am nächsten Tag da sich irgendwas erhofft hat. Also was die Strategien waren. Man hat durchaus auch immer mit und gegeneinander gespielt. Das ist halt so balkanesisch. Aber in der Phase haben wir eigentlich etwas gemacht, was die Basis gelegt hat für solche weiteren Konzepte, dass man zum einen Ideen entwickelt hat. Und dann technologisch umsetzen konnte oder nicht. Beides wichtig, weil das dir den Möglichkeitsraum sozusagen eröffnet oder begrenzt. Wenn du das nicht machst, und zu der Zeit gab es halt auch niemand anders, der so was gemacht hat, also wir hatten keine Referenzen. Wir konnte nicht zu irgendjemand hingehen und sagen, wie macht man das eigentlich, weil es diese Form von Arbeit so nicht gab. Und das Internet ja auch viel später erst kam. Und diese Form von Auseinandersetzungen von einzelnen Strängen oder mehreren Strängen gleichzeitig, wie die sich verzweigen, wie man zu was kommt, wie ist eine User Experience oder eine Visitors Experience, all das gab es nicht. Und das war alles Teil des Erlernens und des Dings. Und aus dem heraus kam das. Was wirklich geholfen hat war ja dann und der Booster war dann wirklich dieses Theaterfestival in Italien, wo dann diese Empfindungen, die man auch in der Konzeption schon hatte auf einmal im realen Raum einen Reichtum hatte. Und man gemerkt hat, dass es da viel, viel mehr Facetten gibt, die man sozusagen miteinander vernetzen, konstruieren kann, zusammenbringen kann. Und dann war das zweite, was auch geholfen hat, war eben doch auch das Konzept der italienischen, also der Piazza der Renaissance. Weil, du hast ja immer die Piazzetta, die eine Art illustrativer Zugang ist zur Piazza. Sie führt ja nur dahin. Sie ist etwas, was sozusagen bis dahin dich auflädt. Und so entstand auch dieses Netzwerk, dass wir gesagt haben, das ist ja gut, wenn wir sagen, es ist nicht nur eine Piazza, sondern es ist ein Netzwerkknoten, der sich dort abbildet. Und dann fingen diese Ideen an, um weitere Kollegen, das hatte auch damit zu tun, dass wir zu der Zeit, und das fing eben mit Hotel Pompino an, als Künstler und als Dienstleister der Gesellschaft immer mehr gesehen haben und eigentlich auch missbraucht gefühlt haben. Und dann raus wollten aus diesem Autorenmodell, hinein in ein eigentlich Ingenieursmodell, dass man sagt, wir engineeren jetzt so ein technisches Set und dann lassen wir es laufen. Und dann passiert, was passiert. Und das halte ich nach wie vor für eine der richtigsten Entscheidungen, die wir jemals getroffen haben. Gar nicht in der Profanität des Künstlerbegriffs, den wir damals vorausgesetzt haben. Sondern viel mehr dieser Mut, nicht einzugreifen.

Interviewer: Was hat dazu geführt, dass man nicht mehr Künstler in so einem klassischen autorenhaften Sinn sein wollte?

Salvatore Vanasco: Ich glaube, wir sehen die Positionen der Künstler, die zur selben Zeit gelebt haben und die sich da geäußert haben. Dass man da nicht mehr zugehörig sein wollte. Dass man das zu sehr in so einem archaischen, großbürgerlichen Sinn gesehen hat und eigentlich auch gesehen hat, dass das wiederkehrend ist. Und dass das auch mit weiterer Bearbeitung zu keinen neuen Betrachtungen und weiteren Erkenntnissen geführt hat. Und das muss man schon sagen, wir waren sehr erkenntnisorientiert. Also wir waren sehr motiviert, Dinge, die wir nicht kennen, die wir nicht wissen, zu sehen und verstehen zu lernen. Und das hat da sehr geholfen, weil es halt die Technologie auch war. Die war neu für alle. Die Menschen hatte keine Erfahrungen damit. Auch wir, die es gemacht haben, haben eigentlich jedes Mal eine neue Erfahrung damit gemacht. Und das war sehr explorativ und das gibt immer Kraft. Und diese Kraft war auch nötig, um solche Projekte überhaupt machen zu können. Weil, ich und auch die anderen, also Dudesek, Hentz, Heidersberger, aber auch alle anderen hatten ja sowohl im Privaten, wie auch im, nennen wir es durchaus mal beruflichen Umfeld, durchaus Missverständnisse die ganze Zeit. Also ich wurde ständig gefragt, was macht denn ihr da und warum macht ihr das und was soll das überhaupt? Also es gab keinen, also wenig Motivation von da außen. Es war eher Kritik und zum Teil auch beschämende Äußerungen. Was aber okay ist. Also hat mich jetzt nicht aufgehalten.

Interviewer: Aber um noch mal auf den konkreten Prozess der Entstehung zurückzukommen, wie gesagt, es gibt ja so diese verschiedenen Module. Wie hat sich das entwickelt? War das alles schon eigentlich (unv.)

Salvatore Vanasco: Es gibt so Offensichtliches.

Interviewer: (unv.) Pompino ausgedacht oder nein?

Salvatore Vanasco: Also da wir ja Pop waren und ich besteht da drauf, also für mich bestehe ich drauf, dass ich popkulturell aufgewachsen bin und dementsprechend da ein Referenzsystem auch immer hatte und habe, war Musik immer ein Thema. Dazu kommt, dass ich in den 80er Jahren Musikvideos selbst gedreht habe. Und auch selbst Musik gemacht habe und meine erste Künstlergruppe eben Musik, Robotic und Medien waren. Also ich kam genau aus dem. Und auch die anderen hatten ja mehr oder weniger so einen Background, selbst Heidersberger mit Head Resonance. Also das war schon auch, und das war ja damals auch sehr populär. Also das war wesentlich populärer als die Bildende Kunst. Ich würde mal sagen, das offensichtliche wurde gemacht, weil es offensichtlich war. Das macht man einfach und das ist einfach auch zu tun. Weil, es hat vorher keiner gemacht. Und man kommt auch erst mal auf keine besseren Ideen. Also sowohl die Musikgeschichte war nicht besonders gut, war aber beliebt dann irgendwann. Als auch, ich sage mal, ein Marktplatz ist ein Marktplatz. Also gab es so ein paar Konzepte, die mussten einfach gemacht werden, um sie zu erleben, um dann auch zu sagen, man hat sie gemacht und weg mit. Und so haben wir ja auch dann während der Piazza virtuale Module ausgetauscht und andere neu entwickelt und reingenommen. Media Landscape ging ein bisschen in eine andere Richtung. Da ging es ja darum, ob Text verstehen überhaupt möglich ist in der Informatik. Da hatten wir KI-Themen, Künstliche-Intelligenz-Themen. Und es war das erste Projekt, wo auch Software eine größere Rolle spielte. Weil, vorher war Software immer nur Steuerung. Also musste Maschinen steuern, musste synchronisieren und Ähnliches. Und da wurde Software auf einmal zum kreativen Werkzeug. Und das ist insofern bei Media Landscape interessant. Ich fand auch die anderen, diese Kooperationen mit dem Bundesforschungsministerium interessant, auf die ganzen Forschungsthemen, wie das tiefste Bohrloch in Deutschland oder wissenschaftliche Arbeit auf der Nordsee und dann Liveschalten vom Publikum zu den Wissenschaftlern. Und die können sich dann im Fernsehen dazu unterhalten während die da bohren. Das ist natürlich spektakulär. Aber es ist natürlich auch etwas, was, ich sage mal so, visionär ist, dass es eigentlich schon im Schulalltag eingebaut werden müsste. Weil das eigentlich das ist, was das Herz und auch die Motivation triggert. Dass du direkten Kontakt, direkte Unmittelbarkeit hast. Und jetzt hatten wir da das Glück, dass wir das mit denen machen konnten. Wir hatten durch Benjamin Zugang zur ESA. Und dann eben über das Bundesforschungsministerium Zugang zu all diesen Forschungseinheiten. War natürlich eine riesen Arbeit, die alle zu überzeugen, da mitzumachen. Es waren mehrere Reisen. Aber hat Spaß gemacht, dann mit denen auch zu agieren.

Interviewer: Und das war aber alles schon vor dem Hintergrund, dass 3Sat, das während der Documenta ausstrahlen würde? Also das war (unv.)

Salvatore Vanasco: Das war geklärt. Ich war jetzt nicht mit dabei in Mainz. Aber es ist ein legendärer Auftritt Heidersberger und Hentz und Dudesek oder nur Heidersberger und Dudesek gehen rein und sagen, wir wollen hundert Tage live Fernsehen rund um die Uhr machen. 3Sat ist der Sender, wir gehen hier erst raus, wenn ihr uns eine Unterschrift gebt, dass es so ist. Und daraus wurden dann, ich glaube, 700 Stunden. Und dann haben wir über die ESA noch den Olympus Satelliten gekriegt, der ja dann auch ausgestrahlt hat. Und dann gab es noch die ganzen Konnektivitäten zu den anderen Staatssendern in Tschechien, Kroatien, Russland. Da sind wir ja da auf Staatsfernsehen dann immer live gelaufen. Auch in USA waren wir im University Network, in Japan auf NHK, in Italien auf RAI 3, immer live. Und das war dann, irgendwann gab es so eine Welle und dann haben alle gesagt, das machen wir auch. Und damit hatten wir natürlich ein sehr schönes Display.

Interviewer: Heute unvorstellbar, dass da so Leute, die jetzt nicht durch ihre Fernseherfahrungen besonders qualifiziert sind, so einen Freiraum im Fernsehen, im öffentlich-rechtlichen auch, einräumen konnten. Was glaubst du, hat die daran interessiert?

Salvatore Vanasco: Die Drohung.

Interviewer: Was?

Salvatore Vanasco: Zuerst die Drohung. Also wir sind ja 1989 nach Linz gefahren. Also da fing das an mit Live in Kooperation mit Fernsehsendern. Und damals war die Ars Electonica im Bruckner Haus und daneben ist ein Hotel und im obersten Stockwerk des Hotels auf dem Dach hatten wir eine Sendeantenne aufgebaut und hatten einen Sender dabei, um in Österreich Fernsehen auszustrahlen. Weil, Österreich war zu dem Zeitpunkt noch Monopol. Und wir sind vier Wochen vorher hingefahren, haben das alles aufgestellt und dann kamen der ORF und sagte, das geht aber so nicht. Und aus dem wurde dann ein Vertrag mit 3Sat, ORF, 3Sat, ZDF und SRG. Weil, die hatten einfach Angst wegen der politischen Diskussion, die dann entstanden wäre. Es gibt 1987 Minus Delta T auf der Documenta macht interaktives Radio. Und dort hatte Eichel das legitimiert als aurale Skulptur, drei Monate interaktives Radio in Kassel. Weil, das war ja auch verboten, war ja auch Monopol. Also es gab diese Historien damit. Und insofern wussten wir, wenn wir Lärm machen, dass dann irgendwas passiert. Und das haben wir dann auch genommen, was dann eben auf uns zukam.

Interviewer: Also gut, 3SAT ist im Boot. Die Documenta, ja, genau, das Gleiche bei der Documenta.

Salvatore Vanasco: Documenta müsstest du im Wesentlichen, glaube ich, die beste Quelle Dudesek, weil der das mit dem Jan Hoet alles auch verhandelt hat. Das lief über Klaus Peter Denker, Kulturbehörde Hamburg, wurde der Kontakt hergestellt. Und über Doktor Robert Fleck, der zu der Zeit am Ministerium für Unterricht Sport und Kultur oder Kunst, wie das in Österreich hieß, BMUKS, tätig war und dann den Kontakt zu Herrn Hoet gemacht hatten. Und dann gab es einen Besuch von Herrn Hoet in Hamburg. Dann haben wir ihm alles dargestellt und gezeigt. Und dann hat er uns gewollt.

Interviewer: Aber er hat nicht gesagt, ihr seid ein Documenta-Projekt, wie…

Salvatore Vanasco: Am Anfang war es, wir sind ein Documenta…

Interviewer: …wie Eichel.

Salvatore Vanasco: Doch, doch, mit ihm war, wir sind ein Documenta-Projekt. Und später gab es Kritik vom ZKM und anderen. Wurde richtig politisch interveniert. Weil, kann ja nicht sein, dass diese Verrückten da aus Hamburg und so, sind ja nicht akademisch und was weiß ich. Also es waren Qualitätsdiskussionen, die da vorgetragen wurde von ZKM und anderen Playern in dem Umfeld. Und dann wurde es umgewidmet als Sonderprojekt der Documenta.

Interviewer: Wer war denn das ZKM?

Salvatore Vanasco: Klotz, damals Heinrich Klotz, der Leiter.

Interviewer: Da hat er aber mit harten Bandagen gespielt.

Salvatore Vanasco: Schon immer. In der Medienkunst schon immer. Also da ist ein Feld Weibel, Klotz. Und damals waren die Filter. Also wer dadurch kam durfte auf die Ars, durfte auf die Biennale, durfte dahin und dahin. Das war halt so. Ich glaube auch nicht, dass es heute viel anders ist. Also ich denke, es ist immer so, dass es irgendwo kuratoriale Filter gibt und die dann auch politisch eingesetzt werden. Aber das ist auch wurscht. Ich sage das gar nicht, um nachzutreten, sondern das gibt immer alltägliche Situationen und die hat man dann vor sich und damit geht man um. Und Jan Hoet hat dann das zum Sonderprojekt deklariert. Weil, es wurde nicht verstanden zu der Zeit, warum Van Gogh TV, also die Künstlergruppe da ist Ponton Media Art Labs, auf der Documenta sein darf, als eingeladene Künstler. Wurde in der Medienkunst, wir galten ja durch Hotel Pompino als die nicht nur profane Künstler und keine gut ausgebildeten Gestalter und Ähnliches, was man da alles immer als Kritik gehört hat, sondern als vulgärer Haufen. Und das wurde dann auch bis zu Jan Hoet so erzählt. Bis hin, dass es offizielle Eingaben gab, dass wir Scientology wären. Und das wurde zu Jan Hoet direkt getragen. Also damals zur Leitung der Documenta. Und das hat uns dann den Status des Documenta-Künstlers hin zum Sonderprojekt gebracht.

Interviewer: Was auch bedeutet hat, ihr musstest euch um Finanzierung selbst kümmern, um die Documenta.

Salvatore Vanasco: Ausschließlich, Documenta hat eh nichts finanziert, so oder so.

Interviewer: Gut. Dann lass uns doch mal nach Kassel beamen, also diese ganze Vorgeschichte ist erfolgreich abgeschlossen, die Container stehen. Die Leute sind da und eingestellt und eingearbeitet. Wie würdest du denn die Arbeitsatmosphäre vor Ort beschreiben? Was war das so für eine…

Salvatore Vanasco: Die war nicht anders als in Hamburg vorher. Deswegen ist es nicht so, wie du sagst. Also was wir gemacht haben, ist, dann so ab Januar, also 1992 haben wir das Ponton Media Lab komplett umgebaut in ein Sendestudio. Und haben ab der Sekunde eigentlich daran gearbeitet, wie das im realen Alltag abläuft. Also wir haben entworfen, verworfen. Klar, also Konzepte entwickelt und designed, gemacht, gedingst, programmiert. Dann wieder verworfen, aber wir haben die immer alle erprobt auch. Und insofern fuhren wir nach Kassel. Und die Änderung war, dass wir aufbauen mussten. Also abbauen und aufbauen, das war die Veränderung. Und dass da riesen Schüsseln auf einmal da rumstanden. Klar, und Kassel ist ein anderer Ort. Aber prinzipiell ist vom Arbeitsprozess nicht wesentlich viel geändert. Wir haben auch in Kassel weitergearbeitet. Also es war auch unser Anspruch, dass wir weiterentwickeln, also das ist nicht, wir haben jetzt was gemacht, stellen es aus und strahlen es aus oder stellen es zur Verfügung, sondern wir entwickeln permanent weiter. Und das war von Anfang klar. Insofern ging das eigentlich das ganze Jahr durch. Also auch nach Kassel wurde weitergemacht.

Interviewer: Der Unterschied ist ja wahrscheinlich, dass…

Salvatore Vanasco: Publikum.

Interviewer: …man bei dem Media Lab in Hamburg abends nach Hause gegangen ist in seine eigene Wohnung und plötzlich war man da halt in so einer Gruppensituation.

Salvatore Vanasco: Ja, du konntest auch mal zu einem Zahnarzt gehen oder so. Was dann in Kassel nicht möglich war. Also ich hatte da, glaube ich, acht Wochen lang Zahnschmerzen.

Interviewer: Warum konnte man da nicht zum Zahnarzt gehen?

Salvatore Vanasco: Weil, morgens eine Sendung, abends eine Sendung, keine Zeit. Und eh, wir hatten ja hundert Tage, Sendetage. Und wir waren einen Monat vorher dort schon, um aufzubauen. Und haben dann eben auch dieses Füllen der Documenta gesehen, was ganz interessant war. Und wir haben in unterschiedlichen Wohnungen gelebt. Also es gab ein Haus in, was ist das da oben, Gmünd irgendwas, Hannoversch Gmünd oder so, gab es ein Haus, da waren viele. Und dann gab es, glaube ich, noch fünf Wohnungen in der Stadt, die wir angemietet hatten. Und man schlief halt in Dreier-, Viererzimmern oder Sechserzimmern, so was. War aber kein Thema. Also war für keinen ein Thema zu der Zeit.

Interviewer: Ja, obwohl es eine relativ stressige Arbeitssituation war, hat es da nicht irgendwie so Lagerkoller, Budenkoller gegeben?

Salvatore Vanasco: Was halt passiert über Dauer ist, dass Menschen krank werden, über so eine lange intensive Zeit. Ich glaube, dass so ab Mitte August wir schon öfters auch die Befürchtung hatten, eine Sendung nicht mehr fahren zu können, weil alle krank waren. Weil es einfach die Anstrengung von zwei Jahren vorher auf einmal ausbrach. Und das war das Ziel, den letzten Sendetag zu erreichen, war schon heftig zum Teil. Aber, nein, so im Sinne von Koller, nein, weil wir alle so Kollektivtypen waren, also das auch kannten schon mehrfach. Und das ist eh immer so, wenn etwas temporär ist, dann weiß man ja, es hat ein Ende auch. Die Frage, wer du selbst bist. Also ich habe da keinen Koller gesehen. Natürlich gab es mal die eine oder andere Situation, wo man sagt, ja, jetzt gehe ich heute Abend alleine ein paar Stunden weg und komme dann wieder oder so. Aber das ist ja normal. Also das muss man ja, um seiner Seele ab und zu mal Luft zugeben.

Interviewer: Und wie war die, wie soll ich sagen, die Arbeitssituation? Also gab es da strenge Hierarchien, war das eher egalitär?

Salvatore Vanasco: Es gab Rollen und Funktionen. Es war schon, also egalitär im Umgang miteinander. Aber dann Konzentration auf das, was zu tun ist. Und wer da eine Rolle hatte jeweils. Und natürlich haben wir nicht die Assimilation gemacht, also eines Fernsehsenders. Es gab nicht irgendwie, was weiß ich, Chef vom Dienst und Sendebeauftragten und so weiter. Aber es gab halt jemand, der am Videomischer stehen musste, falls was passierte. Es gab ja auch immer einen Zensor von 3Sat. Also das war eine Frau und die musste man ja auch immer ablenken. Bis hin, dass man, also ich habe ihr sogar mal die Arme verbunden, die Hände, damit sie da nicht ständig draufdrückt. Macht ja keinen Sinn, also Zensur.

Interviewer: Davon hat sie nichts erzählt, dass ihr die Hände gebunden worden sind.

Salvatore Vanasco: Die Katrin? Ich kann dir Storys erzählen. Ganz interessante Storys, aber das will man nicht.

Interviewer: Okay.

Salvatore Vanasco: Weil es ja sehr private, persönliche Sachen sind. Und wir haben uns immer sehr geschätzt, sie war sehr jung zu der Zeit. Aber ich fand sie immer auch wohlwollend und entsprechend letztendlich ihrer Ausbildung und auch dem Anforderungsprofil, das der Sender an sie gestellt hat, mehr als großzügig und auch interessiert. Also für sie war das ja auch ein erstes großes Arbeiten.

Interviewer: Kannst du mal so einen Tag beschreiben, was war so ein typischer…

Salvatore Vanasco: Man muss unterscheiden die Wochenenden zu den Wochentagen. Weil, in den Wochentagen haben wir ja morgens um elf gesendet und dann abends auf Olympus. Und dann in die jeweilig anderen Staaten hinein. Da war die Belastung nicht ganz so hoch. Freitags und samstags hatten wir elf Uhr Olympus und die Nachtschiene auf 3Sat. Da war man dann schon mal zwanzig Stunden unterwegs immer. Das macht schon müde. Aber ich weiß nicht, ob ihr das kennt, also wenn du, diese Container hast du ja vor Augen, da kamen ja jeden Tag tausende von Leuten. Also das ist ja nicht das Arbeiten alleine. Du bist die ganze Zeit unter Strom. Da kommt ständig irgendein Lehrer, der irgendwie didaktisch was ableiten will für seinen nächsten Kunstunterricht. Das ist ja die Masse an Documenta-Besuchern sind ja wirklich Kunstlehrer, war mein Eindruck damals. Ganz lustig. Und das ist noch mal was anderes, diese Öffentlichkeit, die da permanent anwesend ist. Und permanent auch anfordert. Also die fordert dich ja die ganze Zeit, die wollen mit dir reden. Und Journalismus auch. Also es war ja Wahnsinn, wie viel Interviews man da geben durfte, musste und so weiter.
Ich glaube, das muss man immer in Betracht ziehen, also diese hohe Frequenz an Menschen, die dahin kommen. Und was wir ja auch gemacht haben, ich weiß nicht, ob die anderen dir das erzählt haben, wir hatten ja das so gebaut, dass in der Mitte der Container eine Piazza war. Und die wurde ja dann auch zeitweilig immer gefüllt mit Restaurants aus der Stadt. Also ich bin zu jedem Restaurant in der Stadt gelaufen, habe gesagt, ihr könnt ins Fernsehen, aber ihr müsste einen Abend lang kochen und für alle, die kommen, das Essen geben. Und das haben die gemacht. Also wir hatten da mindestens drei Tage die Woche irgendwelche Restaurants, die da gekocht und den Menschen umsonst Essen gegeben haben.

Interviewer: Das ist interessant, also ich glaube…

Salvatore Vanasco: Weil das für mich natürlich auch Piazza ist, dass gegessen wird und solche Sachen.

Interviewer: Ich weiß nicht mehr genau, wer es war, ich glaube, Benjamin, aber möglicherweise auch Karel, die habe ich gefragt, was gab es da eigentlich zu essen? Die konnten sich nicht erinnern. Also für dich war das ein wichtiger Bestandteil, dieser soziale Aspekt des gemeinsamen Essens.

Salvatore Vanasco: Nein. Sondern das für die Inszenierung eben auch dieser Bestandteil da ist. Wenn du sagst, ich schaffe einen sozialen Raum, dass dann dieser soziale Raum auch die Interaktionen hat. Und Essen ist ein kollektives Moment. Und das fand ich auf jeden Fall relevant. Und auch, um diese Diversität zwischen Digital und Analog noch deutlicher zu machen. Weil wir hatten ja unten auf der auch so einen Entry Point, da konntest du draufdrücken, du warst live auf Sendung. Und durch die Ereignisse, die wir auf dieser kleinen Piazza gemacht haben, kamen da auch immer wieder Leute hin und haben sich eingemischt. Also du musst halt immer irgendeine Form von Energie entwickeln, damit die auch wieder schwängert und nährt und dass da sich was daraus ableitet.

Interviewer: Diese Container sahen halt aus wie Container auch auf dem Bau aussehen. Gab es da sonst noch ästhetische Entscheidungen, wie man das gestaltet. Zum einen sieht es ja sehr improvisiert und sehr zweckmäßig aus, auch die Inneneinrichtung. Gab es da…

Salvatore Vanasco: Die Inneneinrichtung ist Tech as Tech is zu der Zeit. Du hast irgendwie Dexionregale und daraus baust du Tische, baust alles. Also diese Zinkregale. Da hatten wir einen Sponsor. Und aus dem haben wir alles gebaut. Und es gab keine normalen Tische und nichts, sondern nur aus dem Zeug gebaut. Also alles war selbst gefertigt. Und die Container, das ist halt eine Referenz. Ponton hat 86 angefangen mit einer Containercity in Linz. Und die sind, ein Container ist ja immer ein temporaler Platz und hat immer einen Zeitstempel. Ist also immer etwas, was transistent ist. Also was sich wieder auflöst. Und das wollten wir da auch haben. Und dann ging es noch darum, das Ganze ein bisschen zugänglicher oder auch vom Themenschwerpunkt Zugänge zu schaffen. Und da hat Mike Hentz eben diese ganzen Aufkleber, also diese Klebestreifen, Ikonografiesysteme dahingebaut, hingeklebt. Ich weiß nicht, ob dir das aufgefallen ist. Das ist sehr profan, aber hat auch so eine Kindlichkeit. Und durch diese Kindlichkeit schafft es letztendlich auch ein bisschen Sympathie gegen dieses kalte Containerwesen.

Interviewer: Wie war der Kontakt zu Documenta-Künstlern?

Salvatore Vanasco: Gar nicht.

Interviewer: Gab es den überhaupt?

Salvatore Vanasco: Außer die, die bei uns vorbeikamen, weil, wir hatten ja kaum Zeit, und dadurch, dass wir ja Sonderprojekt waren und nicht Künstler, durften wir auch nicht in die Cafeteria der Künstler. Also wir waren ja ausgeschlossen dadurch. Was mir wurscht war. Also natürlich ist beeindruckend, dass du nicht darfst. Also dieses Ausgeschlossen sein. Aber wir haben dann letztendlich unseren eigenen Space gehabt und haben da eigentlich eine gute Zeit gehabt auch. Und dann kamen immer mehr Künstler zu uns und nicht mehr in die Cafeteria. Das war ja auch dann ein Resultat. Also wir hatten ständig auf Documenta Künstler, die tranken bei uns Kaffee, aßen bei uns, machten Dings und redeten. Also war eigentlich ein Come and Go. Und es war eigentlich auch ganz angenehm. Also dieses italienische Piazza-Ding, das lebte dann. Und auch durch andere Künstler.

Interviewer: Stichwort gute Zeit, hat es da irgendwann so einen Punkt gegeben, vielleicht ist das auch zu lange her, um sich dran erinnern zu können, hast du mal, „Jetzt bin ich so auf dem Gipfel dessen, was ich jemals erreichen werde, ich bin im Fernsehen. Ich habe hundert Tage lang meinen Freiraum. Ich habe diese ganze Technik um mich herum.“

Salvatore Vanasco: Diese Eitelkeit hatte keiner von uns, also zumindest nicht die drei Herren und ich, weil man ja schon das gewohnt war. Also wir hatten ja schon Zeitungsartikel, Fernsehauftritte, Interviews. Das alles war ja schon immer Praxis. Und da war die Documenta nicht neu, das war nur mehr. Aber es gab das alles schon vorher. Und es war nicht wichtig, also war nur Mittel zum Zweck. Also es war auch ganz klar ein Medienauftritt fördert immer das, was man gemeinsam macht. Und soll einem da auch weiter in die Augen und in die Gedanken der Menschen bringen, mit denen man dann reden will.

Interviewer: Ja, wenn man die Unterlagen, die wir da durchgeguckt haben, anguckt, ist auf Pressearbeit schon sehr viel Wert gelegt worden. Da gab es lange Listen mit Kontaktpersonen und Adressen. Alle wurden angeschrieben.

Salvatore Vanasco: Wir waren ja Medienkünstler. Gehört dazu, die Inszenierung der Medien. Also ist Teil der Arbeit. Also ich würde das jetzt nicht als Eitelkeitsgeschichte deuten, sondern als, das ist ein Teil der Mechanik und die muss auch bearbeitet werden. Also als Auftrag zu betrachten.

Interviewer: Und dann gab es noch die Piazzettas. Wie war das Verhältnis zu denen? Die hatten ja ihre eigenen Fenster. Habt ihr da irgendwie versucht, drauf Einfluss zu nehmen während der Sendung?

Salvatore Vanasco: Nein. Also wie gesagt, haben wir uns ja eher zu der Zeit als Architekten dieser Piazza gesehen und haben uns als ein möglicher mehr oder weniger gesehen, gesagt, da gibt es Zeitfenster. Und da könnt ihr euch sozusagen reinprojizieren und dann übertragen werden. Haben beraten jede Piazzetta, also was wir glaubten, im Vorfeld, nicht währenddessen. Es wurden dann aber einzelne Produktionsgruppen, die von uns mit betreut waren natürlich über längere Phasen, also die Piazzetta, also die Entwicklung der Piazzetta und der Leute, die dann das auch auf sich genommen oder mit sich genommen haben, das dann für sich genutzt haben oder eben nicht, ging ja zwei Jahre vorher auch schon los. Also das waren sehr viele Reisen. Mike Hentz war bestimmt über ein halbes Jahr nur im Osten in den unterschiedlichsten Ländern und hat dort Philosophen, Künstler, Politiker und, und, und getroffen. Und zum Teil, die Finanzierungen wurden dort aufgestellt für die Gruppen dort. Wir haben die Finanzierung hier in Deutschland, in Italien gemacht. Also Deutschland, die Piazzettas habe ich gemacht. Die italienischen auch. Eine hat Hentz gemacht. Ich habe zwei in Italien gemacht. Wobei Hentz und (unv.) die großen, also Moskau, Belgrad und solche Sachen gemacht haben, Riga.

Interviewer: Ist dir persönlich, welche von den Piazzettas dir besonders in Erinnerung oder was hat dir besonders gut gefallen?

Salvatore Vanasco: Moskau fand ich sehr interessant, weil es dort einfach künstlerisch interessant war. Also da gab es die Konzeption. Und ich glaube, der hieß, Pepperstein, ja. Pepperstein hat dann im Prinzip die Hosentasche als Welt und hat das aber als dialektische Analogie zum russischen, politischen System dargestellt. Und es war eigentlich eine Performance, die sondergleichen gut war, fand ich. Das fand ich interessant. Eine der italienischen Piazzetta-Abende, da war eine blinde Frau, die aber alles gehört hat. Und dann eine eigene Welt sich zusammengedacht hat und uns die erzählt hat. Und es wunderbar, also das erinnere ich noch. Das war der letzte Abend auf der Documenta. Da kam die auf einmal über so einen Entry Point rein. Was bestimmt spektakulär war, sind das, was nicht als Piazzetta deklariert waren. Aber durch die Olympus-Ausstrahlungen gab es Fan-Clubs in ganz Deutschland auf einmal. Also gab es in Duisburg, in Düsseldorf, in Berlin Fans, die, wir nannten die die Satellitenschwenker, weil, Olympus kriegst du ja nur über Satelliten-Dishes. Und die mit Motoren, die suchen immer nach Signalen. Die haben uns irgendwann entdeckt. Und die waren dann jeden Abend da. Und die kamen dann auch alle nach Kassel. Die fand ich schon interessant. Und Berlin gab es richtige Fan-Partys. Also hier auf dem Europaplatz gab es einen richtigen Fan-Abend, haben die richtig die großen Partys gemacht und so. Also es war schon erstaunlich, was auf einmal daraus wird und wie sich das in so einen Alltag auch reinentwickelt. In so eine Normalität reinpflanzt. Das fand ich schon interessant. Von dem Künstlerischen her ist es eher die Pepperstein-Geschichte. Und dann gab es zum Teil auch Bilder, die du so nicht deuten konntest als Westler. Das ist natürlich immer spannend und interessant. Und es gab einmal einen Moment, wo es eine Live-Übertragung aus Belgrad gab und dann aus Sarajevo jemand anruft und verschaltet wird mit dem Video. Und das sind Menschen, die durch den Krieg getrennt waren und sich das erste Mal wiedergetroffen haben. Und da hat man einfach das Potenzial von sozialen Medien gespürt. Die hießen ja damals nicht so, aber das ist das Potenzial, was man später ja in vielen Phänomen wiedergefunden hat. Und das war schon beeindruckend.

Interviewer: Die, weil du gerade das mit dem Anrufen sagst, die Piazzettas waren mit der Situation konfrontiert, dass sie eigentlich immer nur ein Rechteck von vieren auf dem Monitor gewesen sind. Man hätte die ja auch den ganzen Bildschirm spendieren können.

Salvatore Vanasco: Haben Sie ja auch zum Teil gehabt. Also das war halt, lange wusste man nicht, wie man miteinander umgehen soll. Also wir hatten eine Person für die Koordination dann, Sendekoordination dort vor Ort. Und ich habe das zum Teil dann auch noch gemacht, wenn die Personen krank waren oder so. Alle wollten jeden Tag auf Sendung. Und das war schon ein Thema. Ob man das, also jedem gerecht zu werden, weil jeder wollte und jeder hatte dasselbe Recht. Und es gab auch nur diesen einen Sendeblock Piazzetta. Und das hätte man vielleicht, also die Piazzettas selbst zum eigenen Sender umbauen müssen. Aber das entdeckst du ja nur da, weil du die hundert Tage machst und siehst dann irgendwie, wie sich Quantität und Qualitäten entwickeln oder verschieben.

Interviewer: Du hast vorhin gesagt, auch während der Sendung wurde die ganze Zeit weiter an der Sendung oder am Programm gearbeitet. Betrifft das jetzt vor allen Dingen technische Entwicklungen oder habt ihr auch das Programm selbst modifiziert?

Salvatore Vanasco: Nein, also wie gesagt, in den Programmablauf wurde nicht eingegriffen. Bis auf die Zensorin. Die Sendeabwicklung war dazu da, zu überwachen, dass das alles so läuft. Und zum Teil, wenn es ungenau wurde, also gab es die Möglichkeit, einzusprechen. Wurde aber sehr selten genutzt, weil man gesagt hat… ich weiß nicht, wenn man sich die ersten zwanzig, dreißig Tage die Medien auch anguckt, steht da immer der Hallo-Sender. Stimmt auch. Das war wahnsinnig, wir sind verrückt geworden da. Ich bin mir, also ich kann es jetzt nicht in Tagen mehr abschätzen, die Erinnerung habe ich nicht. Aber es waren bestimmt über zwanzig Tage, wo jede Sendung nur Hallo, Hallo, Hallo, es war der Hallo-Sender. Wir haben es irgendwann auch erfahren, warum das so ist. Also man muss ja durchdringen. Erstens waren die Menschen nicht gewohnt, über das Fernsehen sich selbst zu hören. Zweitens gab es keine Moderation. Sondern man rief und war auf dem Fernsehen. Also was machst du, wenn du in einen dunklen Raum gehst, suchst du nach Resonanz, sagst du Hallo und willst das Echo. Und ich finde es eine der besten Fernsehinszenierungen ever. Diese zwanzig, dreißig Tage, wo man nur Hallo gehört hat. Ich finde, das ist das beste von allem. Weil, es zeigt einfach, in welcher medialen Erziehungsqualität eine Bevölkerung war. Und das verortet dich zeitlich wahnsinnig genau. Und für mich war das ein Traum. Alle Menschen haben uns beschimpft, belächelt, lächerlich gemacht. Ich fand, genau das wollten wir. Nämlich den Bodensatz erreichen, aus dem Kultur sich entwickeln kann. Und da waren wir auf einmal und über Zeit hat es sich auch entwickelt. Und es hat halt lange gedauert. Es ist für ein unterhaltungssuchendes Publikum schwer, also für die, die nur zuschauen wollen, aber auch für die, die dann angerufen haben, jedes Mal hallo zu hören und sich selbst nur hallo zu hören, natürlich auch so eine komische Spiegelung, die kaum Durchlässigkeit hat.

Interviewer: Wo du gerade das Stichwort Echo bringst, das ist ja auffallend, dass alle Telefonate immer so ein Echo haben, woher kommt das eigentlich?

Salvatore Vanasco: Das ist technisch. Wenn der Fernseher leiser ist als das Telefon oder lauter ist als das Telefon, gibt es ein Echo. Das ist die Latenz.

Interviewer: Also, das war kein bewusster…

Salvatore Vanasco: Also das technische Echo meinst du, dieses „Hallo, Hallo“?

Interviewer: Genau.

Salvatore Vanasco: Das ist, da ist der Fernseher und das Telefon bei dem, der anruft, nicht ausgepegelt. Und dann erzeugst du das. Und das ist ja auch ein Lernschritt. Und wenn du dann nicht so museal didaktisch sagst, „Und hier dürfen Sie diesen Knopf drücken und dann passiert das und dann ist das“, wenn du das nicht machst, diese Benutzerführung, dann passiert genau das, dass jemand wirklich profan lernt. Und ich fand, das war wunderbar.

Interviewer: Was sind denn so Gesprächsthemen oder Gespräche, die dir so in Erinnerung geblieben sind, die da stattgefunden haben?

Salvatore Vanasco: Na zum ersten, glaube ich, ist, die allererste Phase war eine Phase, wo jeder sich wirklich gespiegelt hat und nicht durchgedrungen ist. Also immer in diesem Echoverfahren geblieben ist. Dann haben wir ja durch die wissenschaftlichen Kontexte, also diese Forschungsschiffe konnte man ja über das konkret reden, was da ist.

Interviewer: Da gab es Inhalte.

Salvatore Vanasco: Gab es Inhalte, gab es irgendeine Reibungsfläche, an der man dialogisieren konnte. Bei Musik machen, Knöpfe drücken, redet man nicht so viel, die Mikrofone wurden nicht übertragen. Bei Media Landscape war es interessant, weil, durch die Begriffe ja Videosequenzen und Bilder und Töne getriggert wurden. Und dadurch eigentlich so ein kommunikativer Umraum immer wieder entstand, aus dem heraus dann wieder ein Stimulus war, das zu verarbeiten und dann im Gespräch aufrechtzuerhalten. Es waren eigentlich sehr experimentelle Gespräche. Die haben richtig so gewabert. Und gingen von da nach da nach da. Also wenn man das sich mal eine ganze Sendung anguckt, ist das ganz interessant. Da war es, würde ich sagen, auch eine Exkursion ins Unbekannte erstmal. Bei den Piazzettas, die hatten ja immer ein Sendungsbewusstsein. Die wollten irgendeinen Inhalt transportieren. Und in der Regel sprachen dann die, sagen wir mal, die rein über das Fernsehen kamen und dann über Telefon zugeschaltet wurden, die haben sich dann dazu bezogen, zu den Themen, die dort angetriggert wurden. Es gab Frauen und Technik, eine der besseren Piazzettas auch. Wirklich gut, fand ich. Junge Frauen, die mutig waren und auch nicht falsch bescheiden waren, sondern geradeaus, wahnsinnig selbstverständlich agiert haben, was wir sehr bewundert haben zu der Zeit, würde ich auch heute noch bewundern, und die tolle Inhalte hatten, die halt in so künstlerischen Emblematiken und Symboliken und Interfaces ausuferten. Die nicht immer verstanden wurden. Aber die aus einer Bildenden-Kunst-Betrachtung doch immer sehr deutlich wurden, was sie eigentlich so als Übergangsraum, als Diskussionsfläche angeboten haben.

Interviewer: Was war mit der Piazzetta in Riga? Ich meine Riga, das war damals noch wirklich weit weg.

Salvatore Vanasco: Ja, weit weg. Wir hatten sehr gute Kontakte nach Riga. Hatten ja auch dann im Kern in Kassel auch Rigaer Kollegen dabei. Eine (unv.), die wahnsinnig nett ist und eine unglaubliche Person, die bis heute mit uns allen befreundet ist.

Interviewer: Ach, die hat gar nicht die Piazzetta in Riga gemacht, sondern die war in Kassel vor Ort?

Salvatore Vanasco: Die hat Piazzetta Riga gemacht und war aber auch in Kassel vor Ort. Und Riga kann dir der Mike mehr zu sagen. Also Mike Hentz war da derjenige, der dort… Ich weiß nicht, wenn man so ein Projekt macht, hast du ganz viele Ebenen an Gesprächen. Mein Augenmerk war zu der Zeit, dass die Dinge zumindest halbwegs hinkommen. Und das heißt, mit Mike und anderen habe ich darüber gesprochen, wie man die Sachen hinkriegt, dass da eine Piazzetta ist, dass da eine technische Verbindung ist. Dass dort die Leute das machen, was sie machen wollen. Dass sie auch das mit den Mitteln machen, mit denen sie es machen wollen. Da so eine Einführung hatten in den Technologie-Set, den wir zur Verfügung gestellt haben. Dass sie eine Finanzierung bekamen, weil, es war ja auch nicht so leicht. Und da war der Mike aber ganz rührig da in Riga und hat dann, glaube ich, eine Hotelkette dazu bewogen, das alles zu finanzieren. Es waren ganz seltsame Finanzierungsstrecken zum Teil auch. Und ich glaube, dieses poetische oder dieses genüssliche Schauen auf so eine Situation, da waren nicht viele, die die Zeit dazu hatten. Das war wirklich auch Doing ganz viel.

Interviewer: Eins von den Bändern, das wir bereits angeguckt haben, das gibt es auch bei YouTube ist halt das vom letzten Tag, wo sich alle Beteiligten mal vorstellen. Zum Teil wahrscheinlich zum ersten Mal überhaupt auf dem Bildschirm auftauchen. Und dann hast du so ein Telefonat mit einem Zuhörer und versuchst, den dazu zu bekommen, eine bestimmte Taste am Telefon zu drücken, ich glaube, die sechs, mit der man angeblich alles…

Salvatore Vanasco: Ist nicht der letzte Abend.

Interviewer: Ist nicht der letzte Abend?

Salvatore Vanasco: Das ist die Robot-Kamera, die wir mit Nick Baginsky gemacht haben, der übrigens in Hamburg ist, den kann man auch sprechen. Sehr interessant. Und da konntest du mit der Telefontastatur die Roboterkamera bewegen durch das Studio und du konntest jede Person antriggern. Du hattest alle Levels of Freedom, Degrees of Freedom in einer Kamera. Also Tilt, Pan, … Und das war irgendwann mittendrin und es wurde dann dahin geschnitten. Der letzte Abend war, da hatten wir jede Piazzetta zugeschaltet und haben so eine Kakofonie eigentlich gesucht aller Stimmen. Und das ist uns dann auch irgendwie gelungen.

Interviewer: Und was war das Gefühl, als es vorbei war?

Salvatore Vanasco: Schwarzes tiefes Loch, weil Energie… Also sie hat, in der Sekunde, wo die Anspannung runtergeht und die Anspannung war zwei Jahre, also das erste Jahr entwickeln, entwerfen, sprechen, sprechen, bis man genug Überzeugungskraft hatte, dass Leute dann gesagt haben, okay, wir unterstützen das. Wir helfen da. Oder wir sind auf jeden Fall nicht dagegen, das war ja auch schon immer gut. Bis hin dann die Erstkontakte mit Fernsehen, mit Documenta und, und, und. Das war immer aufregend. Und das ist ja Energie, was wahnsinnig viel Energie verbraucht. Und dann ins Entwerfen zu gehen, ins Verarbeiten zu gehen, ins Bearbeiten zu gehen. Das auf Informationstechnik umzusetzen, zu denken, ein Set an Möglichkeiten zur Konzeption, zur Komposition zu entwickeln. Auch ganz normale künstlerische Tätigkeiten, wir haben ja analog zum Fernsehen jedes Segment auch mit einer Einführungsmusik gehabt und so weiter. Und das ist ja auch alles komponiert worden. Wir hatten ja unten im Keller ein Kompositionsstudio und da habe ich ganz viel mit den Musikern gesessen und die Dinger komponiert. Jede Oberfläche musste gestaltet werden und Computerdesign. So richtig viele gab es damals noch nicht. Man war froh, wenn man ein paar da hatte, die auch interessiert waren und da da drin irgendwas gesehen haben. Also man war immer aufgeregt. Und wenn so was endet. fällst du halt in so ein Loch. Viele sind noch mal krank geworden. Dudesek ist nach Moskau abgerauscht und hat sich den goldenen Herbst reingezogen. Hentz war auch irgendwo unterwegs, Heidersberger auch. Und ich bin mit dem ganzen Equipment von Kassel nach Hamburg gefahren und habe das wieder ins Lab gebracht. Und dann war man pleite. Resultat der Veranstaltung Schulden und pleite und alle sind weg. Und man ist alleine da und hat irgendwie Kartons ohne Ende, große Kisten ohne Ende, Computerwelten, die alle nicht aufgebaut waren. Wir hatten ja alles runtergeschleppt. Und das hat mich zwei Monate gebraucht, das alles wieder aufzubauen.

Interviewer: Im Alleingang, oder?

Salvatore Vanasco: Ja, mit eins oder zwei Helfern dann. Aber ohne die anderen. Die hatten noch ein paar Reserven und sind… Hätte ich gekonnt, hätte ich es wahrscheinlich auch gemacht.

Interviewer: Also ein Resultat von der ganzen Geschichte, war dann auch, dass man erst mal wieder das Geld, was man investiert hatte, zurück verdienen musste.

Salvatore Vanasco: Ja, man musste zum einen Energielevel wiederherstellen. Und man musste irgendwie gucken, wie man einen Alltag wieder finanziert bekommt. Weil, man kam ja mit nichts zurück.

Interviewer: Langfristig betrachtet, was ist so dein Resümee und wie hat dich das geprägt, was sind so…

Salvatore Vanasco: Mich persönlich?

Interviewer: Ja.

Salvatore Vanasco: Wahrscheinlich durchaus sehr geprägt. Aber ich würde es jetzt nicht nur auf Kassel beziehen. Es war eher das Kollektiv und diese Denkwelten, die man da miteinander entwickelt hat.

Interviewer: Ja, das ist bei allen die Abschlussfrage gewesen. Und die meisten, die ja Piazzettas haben oder so, die sagen eigentlich alle, es hat aus verschiedenen Gründen sehr viel für sie bedeutet. Aber bei dir ist das natürlich eine andere Situation, weil du vorher und nachher auch dabei gewesen bist.

Salvatore Vanasco: Ich habe ja nie was anderes gemacht, vorher nicht und nachher ja auch nicht. Es war ja immer entwerfen, verwerfen und dann gibt es irgendwo einen D-Day und dann machst du es. Es ist schon klar, das sind so Projekte. Aber es gibt eine Basis, das ist ein Labor. Und aus dem Labor entstehen Ideen, entstehen Konzepte, Konstrukte. Und die verfolgt man sowohl künstlerisch-wissenschaftlich oder nur wissenschaftlich oder technisch-wissenschaftlich. Zu der Zeit, und das ist halt einfach auch durch die Zeit, in der es passiert, war Exploration halt die wesentliche Mechanik.

Interviewer: Aber es hat irgendwie auch ein bisschen dazu geführt, dass die Gruppe danach…

Salvatore Vanasco: Auseinanderging?

Interviewer: …getrennte Wege gegangen ist, oder?

Salvatore Vanasco: Also Hentz und Dudesek arbeiten seit 76, glaube ich, zusammen. Und haben auch ganz interessante Biografien, wo Reibungen entstehen ohne Ende. Also de facto ist es so, dass sukzessive dann auseinanderging, das stimmt schon. Aber jetzt muss man dazu auch sagen, da kamen vier Leute aufeinander, die nichts miteinander zu tun hatten. Also von sich, von innen heraus ganz andere Wesen mit ganz anderen Lebensläufen und ganz anderen Gewichtungen auch. Und ich glaube, dass das so eine intensive Phase, weil man miteinander verliebt war in die Diversität, also die Unterschiedlichkeit und welche Energie jeder auf den Tisch bringt oder an den Tisch bringt. Und dass man dann einfach auch, also ich zumindest immer wieder Durchblicke hatte, also ich konnte durch Dudeseks Augen sehen, um die Welt sehen. Ich konnte durch Hentz Augen sehen und in die Welt sehen und durch Heidersberger auch. Und es waren Perspektiven, die durchaus immer wieder interessant waren, weil es ja auch Menschen waren, die experimentell mit sich selbst umgingen. Die waren ja nicht, das bin ich und diese Identität und die verfolge ich. Sondern es waren Künstler, die sich immer wieder ausgesetzt haben. Und das ist auch etwas, was ich schon immer schätze. Und damit zu gucken und durchzugucken und sich selbst auch weiter zu sehen und zu entwickeln. Das war einfach eine sehr intensive Zeit. Und dass sich das an irgendeinem Punkt auch verbraucht, ist, glaube ich, ein normaler Ablauf.

Interviewer: Jetzt fällt mir gerade noch eine Frage ein, die ich vorhin zu den Sendungen noch stellen wollte. Und zwar gibt es in dem Dokumentarfilm, der dann nachträglich gedreht worden ist, eine Stelle, wo der Benjamin interviewt wird. Und er sagt, er hat das Gefühl, dass sich dann nach einigen Tagen schon so eine virtuelle Gemeinschaft, es war ja damals auch so ein Buzzword von Howard (Reinhold #01:12:39-4# ) gebildet hat. Würdest du das auch sagen, dass Piazza virtuale eine virtuelle Gemeinschaft war?

Salvatore Vanasco: Absolut, also das ist genau das, was es ganz schnell wurde. Und ich glaube auch, dass das hauptsächlich durch die Satellitenschwenker war. Also mehr als noch das zentrale Publikum, das du auf der Elf-Uhr-Sendung hattest. Die Chat-Verläufe waren 24 Stunden. Da waren permanent Leute, also nicht ein paar, sondern Hunderte. Und nachts wurde das Ding richtig lebendig. Also Piazza virtuale hat zwar dieses Fernsehviereck damals, dieses Drei zu Vier, auf dass es rausgesendet war. Aber in den Netzen, in den einzelnen Medien lief das die ganze Zeit. Und wir hatten auch Leute dransitzen, die immer mitgemacht haben. Also wir hatten ja auch das, was man heute Community Manager nennt, hatten wir da. Reality Engineers hatten wird. Haben wir alles gemacht damals schon. Social Engineering, all diese Faktoren, die dann später alle noch mal mit anderen Beladungen kamen. War da alles schon da.

Interviewer: Genau, das war die andere Frage, die ich noch nachschieben wollte, was würdest du denn denken so von der Mediennetzrealität von heute, was ist da in gewisser Weise schon vorweggenommen worden?

Salvatore Vanasco: Na ja, Facebook.

Interviewer: Erkläre das mal.

Salvatore Vanasco: Na ja, also dieses, ich bin da, also Facebook visualisiert ja den Login. Man sagt, ich bin da. Und außerdem habe ich noch eine Art Profildings, gab es damals auch, nicht. Und diese Gleichzeitigkeit, also diese 24 Stunden rund um die Uhr gab es. Diese Multimedialität, wo auch Code auf einmal eine Rolle spielt, weil, Code interpretiert und Code transformiert und transzendiert, das war da. Das gab es bis dahin nicht. Vielleicht in musikalischen Experimenten, dass du sagst, sagen wir mal, angefangen bei experimentierenden Künstlern à la Cage und später die dann auch in die Elektronik da mehr eingegriffen haben, dass du sagst, ich loope oder manipulieren sah und in Echtzeit und dadurch transformiere ich den in Echtzeit, das gab es im Musikbereich schon. Aber in so einer Multimedialität war das da so. Chat Roulette ist Piazza virtuale, ist nichts anderes. Unmittelbarkeit, direkt, egal, was da ist. Keine Zensur. Instagram. Also alle medialen Fenster, glaube ich, haben auf jeden Fall dort auch schon einen Platz gehabt. Und wenn man guckt, was im Silicon Valley, und das kann ich vielleicht am besten von uns allen vieren beurteilen, weil ich zu der Zeit relativ oft dort war, wir hatten ja einen großen Wired-Artikel. Die Dokumentation haben alle großen Unternehmen damals gekauft. Also ein Apple, Unisys, IA Sports, Silicon Graphics, Xerox Park, alle bekannten, Van Gogh TV, Piazza virtuale. Und alle haben es als Untersuchungsgegenstand für die Entwicklung des Internets genutzt. Selbst Microsoft. Ich kenne die Leute alle noch. Die haben das mit bedacht. Also das ist eben das, wenn du in der Kunst bist, kannst du weltweit strahlen. Und dann wirst du auch da gesehen. Und wir hatten im Ausland viel mehr Reputation als hier. Und es ist, wenn man belohnt werden will gesellschaftlich oder in Segmenten der Gesellschaft, wie der Kunst oder den Medien oder man will irgendwo eine Reputation aus getaner Arbeit, Deutschland hat uns die nie gegeben. Und also ich kann nur von mir sprechen, wäre ich davon abhängig, wäre ich ein unglaublich verbitterter Mensch. Das ist halt unterschiedlich. Im Ausland wurdest du gleich woanders gesehen. Und du wurdest auch ganz anders empfangen. Also ich hatte zu der Zeit andere Gespräche als in Deutschland. Und das war auch ganz interessant.