Ponton (seit 1986)
auch: PONTON european mobile art project, Ponton Media Lab, Ponton Media
Nachdem Minus Delta t bei der ars electronica 1986 ein erstes Medienprojekt mit dem Namen „Ponton“, auch bekannt als „Container City“ durchgeführt hatte, taucht der Begriff auf dem Medienbus auf, mit dem Minus Delta t 1987 auf der documenta gastierte. 1988 erscheint der Begriff dann als Name der Medienkunstgruppe, die sich aus Minus Delta t entwickelt hatte, im Katalog des European Media Art Festivals (EMAF). Das “PONTON european mobile art projekt” war nun ein Team, zu dem laut Katalog Mike Hentz. Benjamin Heidersberger, Karel Dudesek, Gerard Couty und Axel Wirths von 235 Media gehörten. Die Gruppe war in mehreren Programmen vertreten. Doch vor allem sendeten sie aus ihrem “Medienbus” ohne Erlaubnis ein Fernsehprogramm, das zum Teil aus Videoaufnahmen vom “Bangkok Projekt”, zum Teil aus Videokunst von anderen Künstlern bestand. Dafür nutze man einen Sender, den die Amsterdamer Fernsehgruppe Rabotnik TV für die Künstler gebaut hatten.
Im Katalog sind dazu programmatische Äußerungen zu lesen, die schon auf die Ästhetik von Van Gogh TV hindeuten: “Keine fixe Programmgestaltung, keine Nachrichtensendungen, fast keine Zensur, Zufallsprinzip, eigene Werbegestaltung, selbstbestimmt, Lokalsender mit internationalem Anspruch.” Allerdings liegt der Schwerpunkt hier noch auf der Arbeit mit eigenen Videoaufnahmen, nicht in erster Linie mit Live-Material: “Aus visuellen und akustischen Experimenten, Collagen und Mixes assoziiert der Wahrnehmende seine eigene Welt. Auf der Basis vorproduzierter Sendungen entstehen durch Überarbeitung und Liveintervention Programme, die auch Zufälle und Stimmungen berücksichtigen. Durch die bereits im Konzept enthaltene zeitliche Begrenzung verhindern wir Routine und Bürokratenkultur.”
In der Tradition von Medienaktivisten wird das Primat der Praxis hervorgehoben: “Die Axt im Haus erspart den Zimmermann. Praktische Erfahrung des eigenen Schrebergartens ist nicht zu ersetzen.” Kanonisierte Begriffe der Medientheorie wie das “Globale Dorf” werden zitiert, auch die internationale Online-Vernetzung wird erwähnt, aber vor allem wird in diesem Text zum ersten Mal ein Satellit als Übertragungsmedium erwähnt, wie er von Van Gogh TV bei der documenta ja dann auch tatsächlich eingesetzt wurde.
Die illegale Fernsehausstrahlung löste in Osnabrück einen kleinen Skandal aus, zum dem sogar der Grünen-Politiker Jürgen Trittin, damals Landtagsabgeordneter in Niedersachsen, Stellung bezog. Um legalen Schwierigkeiten aus dem Weg zu gehen, behaupteten die Mitglieder von Ponton, dass diese Programme von einer holländischen Gruppe von Medienaktivisten ausgestrahlt worden wären. (In der Hausbesetzerszene in Amsterdam und Rotterdam gab es zu dieser Zeit zahlreiche Piraten-Radiosender und auch Experimente mit illegalen Fernsehsendern; außerdem sendeten auf dem Offenen Kanal von Amsterdam zahlreiche politische und Künstlergruppen, so dass diese Behauptung eine gewisse Plausibilität hatte.) Der angebliche Name dieser Gruppe: Van Gogh TV. Dieser Name taucht zwar im Katalog des Festivals nirgends auf, aber durch die spektakuläre Aktion war er somit in der deutschen Medienkunstszene lanciert.
Dokumente
Presse
Ponton Media Lab (Foto: Ali Altschaffel, altschaffel.com)
Axel Roselius (links) und Gérard Couty (rechts)
Axel Roselius, Ponton Media Art Lab
Christian Wolff, Ponton Media Art Lab Hamburg
Frauen und Technik bei Ponton
Manuel Tessloff und Daniel Haude bei Ponton
Musikstudio, Ponton Media Art Lab Hamburg
Ponton Media Art Lab Hamburg
Ponton Media Art Lab Hamburg
Karel Dudesek, Ponton Media Art Lab Hamburg
Ponton Media Art Lab Hamburg
Robotkamera, Ponton Media Art Lab Hamburg
Salvatore Vanasco und Axel Roselius m Ponton Media Lab, Hamburg