Van Gogh TV (1988-1994)
Van Gogh TV war der Name, unter dem Mike Hentz, Karel Dudesek, Salvatore Vanasco und Benjamin Heidersberger mit einem Stab von wechselnden Mitarbeitern nicht nur „Piazza virtuale“, sondern auch eine Reihe von anderen großen Medienkunstprojekten wie „Republic TV“, „Hotel Pompino“ und „Service Area a. i.“ durchführten. Dabei erhielten sie mehrmals Projektunterstützung von der Kulturbehörde Hamburgs, die auch darauf hinwirkte, dass Ponton als Trägerorganisation des Unternehmens großzügige Räume in einer ehemaligen Maschinenfabrik im Stadtteil St. Georg beziehen konnte. Die „Koppel66”, die bis heute existiert, war 1981 auf Initiative von Künstlern als „Haus für Kunst & Handwerk“ mit Ateliers und Werkstätten entstanden.
Der Literaturwissenschaftler, Filmemacher und Autor Klaus Peter Dencker, der von 1985 bis 2002 Leitender Regierungsdirektor der Kulturbehörde Hamburg war, wollte nach dem Vorbild des MedienParks in Köln, der Städel Schule in Frankfurt (die 1987 ein Institut für Neue Medien mit Peter Weibel als Leiter gegründet hatte) und dem in Gründung befindlichen Zentrum für Kunst und Technologie (ZKM) in Karlsruhe auch in der Printmedienstadt Hamburg die Auseinandersetzung mit den elektronischen Medien etablieren. Er gründete dafür den Arbeitskreis Kunst und Technologie und die Medienkonferenz Interface und unterstützte Medieninitiativen wie Van Gogh TV durch Projektmittel.
Die Gruppe, die vorher dezentral aus verschiedenen Städten heraus operierte, hatte nun zum ersten Mal einen eigenen Raum, an dem sie mit dem Apparatepark, den sie sukzessive aufgebaut hatten, experimentieren konnten. Karel Dudesek und Benjamin Heidersberger hatten vorher bereits unter dem Namen Low-Band Society ein Schnitt- und Medienstudio in Hamburg geführt und brachten ein Teil der technischen Grundausstattung ein, die aber schnell um weiteres Equipment erweitert wurde.
Piazza virtuale, 1992: Benjamin Heidersberger, Salvatore Vanasco und Karel Dudesek (Foto: Ali Altschaffel, altschaffel.com)
Van Gogh TV heute: Mike Hentz, Salvatore Vanasco, Benjamin Heidersberger und Karel Dudesek
Räumlichkeiten in der Koppel66
Räumlichkeiten in der Koppel66
Weil Mike Hentz zu dieser Zeit eine Reihe von Vertretungsprofessuren an der Hochschule für bildenden Künste (HfbK) ausübte, an der Salvatore Vanasco als Assistent arbeitete, gab es auch eine Anbindung an die Kunstakademie der Stadt, die für den Projektableger Universcity TV bedeutsam waren. Auch wenn direkte Kontakte offenbar keine große Rolle gespielt haben, sind, spielt in diesem Kontext – namentlich für die Gründerinnen der femistischen Künstlerinnnengruppe „Frauen und Technik“, die bei Piazza Virtuale die Hamburger Piazzetta betrieben – auch die Tatsache eine Rolle, dass an der HfbK zu dieser Zeit auch der Computerkunst-Pionier Kurd Alsleben und Matthias Lehnhardt als Professor für Experimentelle Medien unterrichteten.
Das „Lab“ von Ponton entwickelte schnell eine große Anziehungskraft nicht nur auf an Medienkunst Interessierte, sondern auch für Geeks und Hacker, einige von ihnen aus dem Umfeld des Chaos Computer Clubs. Die technische Ausstattung mit Videogeräte und Computern aller damals verbreiteten Marken sowie der Zugang zu einer Mailbox zogen Technikinteressierte an, die sich zum Teil für die Nutzung der Technik mit Programmierungen oder Computergrafiken revanchierten. Aus diesem Milieu stammten auch viele der Mitarbeiter, die bei den Projekten „Re-Publik-TV“ (1989) und „Hotel Pompino“ (1990) bei der ars electronica, bei „Piazza virtuale“ (1992) bei der documenta, bei einer Neuauflage von Piazza Virtuale in Japan in Zusammenarbeit mit dem öffentlich-rechtlichen Fernsehsender NHK und bei „Service Area“ (1994) wieder bei der ars electronica mitwirkten. Einige von ihnen waren später Angestellte in den verschiedenen Unternehmen, die sich aus Ponton/Van Gogh TV heraus entwickelten.
Van Gogh TV erhielt 1993 für „Piazza virtuale“ den Medienkunstpreis, den das Zentrums für Kunst und Medien (ZKM) in Karlsruhe und Siemens vergaben, und erhielt eine „Honorary Mention“ beim Prix Ars Electronica.
Die Räume in der Koppel wurden bis 1993 von Ponton genutzt, danach trennte sich die Gruppe: Mike Hentz hatte nach „Piazza Virtuale“ die Gruppe verlassen, um sich wieder stärker auf seine eigene Kunst konzentrieren zu können. Eine offizielle gegenseitige „Erklärung“ gibt den 22.01. als Zeitpunkt seines Ausstiegs an.
Die Räume in der Koppel wurden bis 1993 von Ponton genutzt, danach begannen die Mitglieder sich stärker auf eigene Aktivitäten zu konzentrieren. Mike Hentz hatte nach „Piazza virtuale“ die Gruppe verlassen, um sich wieder stärker auf seine Kunst konzentrieren zu können. Eine offizielle gegenseitige „Erklärung“ gibt den 22. Januar 1993 als Zeitpunkt seines Ausstiegs an. Benjamin Heidersberger, Karel Dudesek und Salvatore Vanasco führte das „Ponton European Media Lab“ in Hannover weiter, wo es vom Land Niedersachsen als Technologieunternehmen gefördert wurde. Salvatore Vanasco baute ab in Hamburg ab 1998 in Hamburg eine Tochter der Firma in Hannover auf, die näher an der Hamburger Programmiererszene war und sich 1999 als AG neu organisierte.
Karel Dudesek verließ Ponton 1995, entwickelte unter dem Namen Van Gogh TV mit einigen Mitarbeitern die Online-3D-Welt Worlds Within und nahm 1996 mit einem interaktiven Medienprojekt an der „Kunstolympiade“ teil, die im Rahmenprogramm der Olympischen Spiele in Atlanta stattfand.