Formate, die es nicht gegeben hat

Auf verschiedenen Notizzetteln und Protokollen aus der Planungsphase von „Piazza virtuale“ finden sich zahlreiche Ideen für Formate und Sendeideen, die nicht realisiert wurden. Aufgelistet werden zum Beispiel eine Kochsendungen und ein Programm, in dem Gerüchte verbreitet und Beziehungen „geoutet” werden sollten, ein Programm für Kinder und eines über Kunstkritik, ein Veranstaltungskalender und ein Programm, in dem Leserbriefe vorgelesen werden sollen. Bei einem Format sollte das Programm „gewürfelt“ werden. Sogar von einer “interaktiven Foltersendung” ist an einer Stelle die Rede.

Auch Live-Übertragungen aus der Gegend um das Fridericianum wurden erwogen, die Verbindung mit Überwachungskameras und „Rauschen & Störung“. Viele Ideen zielen darauf ab, das Publikum in Kassel stärker ins Programm einzubeziehen als es bei „Piazza virtuale“ tatsächlich der Fall war. Diese dürften zum Teil auf die Mitwirkung von Rolf Lobeck, Professor für visuelle Kommunikation und Leiter des zentralen Medienbereichs der Gesamthochschule Kassel, zurückzuführen sein, mit dem Van Gogh TV anfangs gemeinsam das Programm plante, bevor dieser sich aus dem Projekt zurückzog. Dieser wollte ursprünglich ein documenta-Programm für den gerade neu gegründeten Offenen Kanal in Kassel machen und hatte zu diesem Zweck Van Gogh TV als Berater hinzugezogen. So sollte es zum Beispiel einen Briefkasten geben, in den das Publikum selbstgedrehte Videos zur Ausstrahlung im Programm einwerfen sollte.

Viele dieser Ideen finden sich bei „Piazza virtuale“ in modifizierter Form wieder. So lautet ein Stichpunkt auf einem der Konzeptzettel „Überwachung im halbprivaten Bereich (Ärzte, WG)“. Auch wenn diese Idee nicht in dieser Form umgesetzt wurde, so sendete die „Piazzetta Göttingen“ tatsächlich aus einer Studenten-WG in der Universitätsstadt. Aus den „Ländersendungen“ entwickelten sich möglicherweise die „Piazzettas“. Und auch wenn es den „Einstiegspunkt pic-phone in öffentlichen Cafés und Kneipen (z. B. Venezia, direkt um die Ecke)“ nicht gab, so standen neben dem Studio von Van Gogh TV mehrere sogenannte „Access Points“ mit Videokamera und Mikrofon, deren Aufnahmen im Programm von „Piazza virtuale“ übertragen wurden.

Auf einem Notizzettel, der wohl während der unmittelbaren Vorbereitung zu „Piazza virtuale“ entstand, stehen neben einigen bereits fertiggestellten Sendeprogrammen auch einige Formate, an denen offenbar zu dieser Zeit gearbeitet wurde: „Politik“, „Theater TV“, „Kunstdiskussion“ und „Eine Geschichte erzählt“, die allerdings nicht im Programm erschienen. Auch ein geplantes Schreibprogramm tauchte nur in der Sendung „School“, aber nicht im endgültigen Programm auf. Auf Monitoren, mit denen Karel Dudesek der Presse „Piazza virtuale“ vor Eröffnung der documenta demonstrierte, sieht man Bilder, die offenbar zu einem Programm gehören, bei dem man virtuelle Puppen anziehen konnte, das aber auch nicht auf Sendung ging.

Entwürfe und Prototypen

Dokumente